Von vor Christus über die Kolonialzeit ins moderne Indien: Ajanta & Ellora – Mumbai – Ahmedabad

In Indien braucht man keine Zeitmaschine – es ist eine selbige. In kürzester Zeit kann man vom vorchristlichen Leben in religiösen Höhlen durchs tiefste Mittelalter und die britische Kolonialzeit in das moderne Indien reisen.

Wenn man dies in Touren des Indischen Tourismusbüros tut, reist man während der Diwali-Ferien ausschließlich mit indischen Touristen im Bus. Die schauen erstmal skeptisch, was denn der weiße Mann in dem Bus zu suchen hat. Nachdem sich dann einer getraut hat, mit ihm zu sprechen, wollen das alle tun. Natürlich fängt das mit der für Inder wichtigsten – und oftmals einzigen – Frage an: „Which country?“. O.k., manchmal bekommt man die Langform „Which country are you from?“ und eine Bonusfrage wie „Where is your wife?“ oder „What profession?“, aber in der Regel beschränkt sich das auf die zwei Worte „Welches Land“.

Ellora Höhle Nr. 10

Ellora – drei Religionen friedlich vereint

In den faszinierenden – in der Zeit um Christi Geburt nur mit Hammer und Meißel sowie der sprengenden Kraft eines mit Wasser begossenen und von der Sonne beschienenen Holzkeils aus dem Fels „gesprengten“ – Höhlen von Ajanta und Ellora kam ich kaum dazu, die Wandmalereien und –schnitzereien anzuschauen, weil ständig jemand irgendwas wissen wollte, weil er gerade Mut geschöpft hatte, mich anzusprechen. Dabei sind die Überreste der Malereien in Ajanta und vor allem die spektakulären z. T. dreistöckigen Höhlen von Ellora, die nacheinander von Buddhisten, Hinduisten und Jainisten als Klöster und Tempel genutzt wurden, wirklich wert, in Ruhe und mit ein bisschen mehr Tiefgang angeschaut zu werden. Aber immer freundlich bleiben und brav antworten. Immerhin kam ich auf der Rückfahrt so zu einem zwölfjährigen WhatsApp-Freund, der mich auch im nächsten Land noch fragt „Where are you now?“. Mal schauen, wie lang sein Atem ist.

Ellora - ganze Arbeit

alles aus einem Felsen rausgehauen…

Mittelalter findest Du eigentlich überall in Indien – noch heute leben viele Menschen in Lehmhütten mit Palm- oder Strohdächern mit dem Vieh davor oder auch in der Hütte. Erinnert einen an die Mittelalter-Romane wie Tod und Teufel in Köln oder Säulen der Erde. In Aurangabad hat man das dann auch in faszinierender Technik. Eine Wasserfontäne, die komplett ohne Strom oder sonstigen Pumpenantrieb nur mit Wasserkraft auf verschiedenen Druck-Ebenen auskommt.

Mumbai CST

Ticketschalter im Kathedralen-Bahnhof

Von da aus bin ich dann ins British Empire gereist. Überall in Mumbai findest Du tolle Viktorianische Gebäude – sogar im Hauptbahnhof sieht’s aus als ob Du in einer Kathedrale wärst.

Stretch-Schubkarre in Mumbai

Stretch-Schubkarre

Würden nicht gelegentlich Männer mit ewig langen (Mittelalter-)Schubkarren vorbeikommen oder wieder mal eine Kuh im Weg stehen, könnte man teilweise meinen, man wäre in London. Wobei dort auch eine Menge Frauen in bunten Saris rumlaufen… Alles in allem – und da erklären mich manche hier für verrückt – war Mumbai aber sogar recht entspannt. Vielleicht liegt’s dran, dass sie die ewig hupenden Auto-Rikshaws aus dem Stadtzentrum verbannt haben und sich außer Kühen und Hunden keine weiteren Vierbeiner auf den Straßen rumtreiben.

Achtung Elefant auf der Fahrbahn

Elefant bei Bergungsarbeiten auf der linken Spur

Das sieht in Ahmedabad schon ganz anders aus. In der modernen Großstadt – wo ich nur war, um meine webseiten-erstellenden Ex-Kollegen besucht habe – begegnest Du im Straßenverkehr schon mal einem Arbeitselefanten, der sich selbst Äste auflädt, oder schnell von links kommende Kamel-Kutschen. Das ist schon ein gewöhnungsbedürftiges Bild in einer Stadt, die die viertgrößte Stadt des Landes ist, sieben Universitäten hat und als eines der kommenden Zentren für IT-Entwicklung gilt. Hätte sich Gandhi wahrscheinlich auch nicht träumen lassen, als er damals seinen berühmten Salzmarsch von seinem Ashram hier startete. Der Ashram ist eine wunderbare Oase der Ruhe in einer doch recht hektischen Stadt.

Sabarmati-Ashram

Gandhi bringt nichts aus der Ruhe

Modern ist auch der Tempel-Komplex Akshardham der Swaminarayan-Sekte in Ahmedabads Nachbarstädtchen Gandhinagar. Hier haben sie eine gerade mal 20 Jahre alte Tempel-Anlage hingestellt – mitsamt Haaren und Fingernägelchen des Lord Swaminarayan, der mit elf Jahren auszog, um Erleuchtung zu finden. Das mit der Erleuchtung haben sie dann modern interpretiert und bieten jeden Abend eine auf Wasserfontänen und –vorhänge projizierte Laser- und Videoshow zu zeigen.

Um hier die Zukunft auch noch abzudecken, ein Nachtrag zu Aurangabad: Dort war ein Kino neben meinem Hotel und da dachte ich mir „Auch wenn ich nix verstehe, gehe ich doch mal ins Kino“. Der einzige Film, der lief und zudem brandneu in die Kinos kam (auch wenn ich ihn nur eine Woche später im Bus noch mal gesehen habe), war ein Superhelden-Film namens Krrish 3. Die 3 stand für den dritten Film, hätte aber auch für die Rollen des Hauptdarstellers stehen können. Denn er hat nicht nur sich (Krish), sondern auch sein Alter Ego (Krishna) und dessen Vater (Papa) gespielt. Fantastisch, diese Inder: In einen Film wie Superman – so mit zivilem Menschen, der sich in einen Helden verwandelt, um abstürzende Flugzeuge zu retten usw. – schaffen sie es tatsächlich, zwei Bollywood-Massentanz-Szenen reinzubauen, während ein Bösewicht erst Namibia und dann Mumbai mit einem tödlichen Virus auslöscht. Superman trifft Grease!

Der Süden Myanmars – mit allen Wassern gewaschen

… in der Hauptsache mit dem Wasser des Monsuns. Er scheint angekommen zu sein… Nach 18 Stunden on the road im Nachtbus und dem gleich anschließenden Morgenbus begrüßte mich Mawlamyaing recht wolkenverhangen. Nicht nur der Name der Stadt ist etwas schwierig, auch die Stadt bereitet selbst einem Backpacker Schwierigkeiten. Nur wenig touristische Infrastruktur, keine Sonne (o.k. hier ist mal die Schattenseite der Regenzeit gewesen) und vor allem nicht wie in den Reiseführern beschrieben ein Anleger für eine wunderschöne Fahrt per Boot nach Hpa-An. Die Boote verkehren seit letztem Jahr nicht mehr…

Also doch nach nur einem halben Tag dort – was angesichts der runtergekommenen ehemals wohl schönen Kolonialstadt auch genug ist – zurück zum Busbahnhof. Dort kann man sich wenigstens weiterbilden.

Obamas Ende (der Amtszeit)

Hellsehen in Myanmar

Die Palette der dort angebotenen DVDs reicht von Skyfall inkl. weiteren fünf James-Bond-Filmen, über Best-of-Angelina-Jolie-Collection bis hin zu Cannibals Holocaust und einem Ausblick, was Barack Obama am Ende seiner Amtszeit 2016 so alles erreicht hat – alles für nur 50 Cent.

Also mit dem Einheimischen-Bus für 0,80 Euro nach Hpa-An, was mich ebenfalls mit kräftigen Güssen aus allen Kübeln empfing. Wahrscheinlich sollten die Regenfälle den Bus durch die offen Tür fluten, damit der alte stinkende Fisch im Businneren wieder zu neuem Leben erwacht – was generell dem Fisch auf den Märkten im Binnenland gut tun würde. Auch hier sieht man auf den Märkten einiges, was selbst eingefleischte Fisch- und Fleischesser wie mich zu temporären Vegetariern macht. Wobei – dann probiert man die vegetarischen Leckereien in den vielen kleinen Töpfchen, die zu einem birmanischen Curry gereicht werden und schwupps sehnt man sich nach einem ordentlichen Stück Fleisch, dem man von Anfang ansieht, wie es schmecken sollte.

Myanmar Tapas

jede Menge gute Töpfchen

Hpa-An ist ebenfalls ein äußerst verschlafenes Nest, wo einem abends aufgrund mangelnden Entertainments schnell mal die Augen zufallen. Aber immer noch besser einem fallen die Augen zu, als dass einem das Ganze Gesicht abfällt.

Gesichtsloser Buddha

Göttlicher Gesichtsverlust

Wahrscheinlich konnte dieser Buddha einfach nicht mehr länger mit ansehen, wie sich manche Amerikaner – wie der mit dem ich die Höhlentour rund um Hpa-An gemacht habe – in heiligen Stätten benehmen. O.k., es war durch Algen und Regen schon sehr glitschig, barfuß in den Höhlen zu wandeln, aber deswegen sollte nicht jedes dritte Wort Sh… oder F*** sein. Und man muss als eigentlich gebildet-sein-sollender 60-jähriger Geografie-Lehrer auch nicht das Echo in den Höhlen austesten oder den Mönchen während ihres Gebets Fragen stellen… Andere Länder… andere Sitten!

Was für ein eleganter Übergang zu einer neuen Seite in diesem Blog! Was ich schon vor einiger Zeit mal angefangen hatte, habe ich jetzt wachgeküsst. Die Seite soll einen augenzwinkernden Blick auf die kleinen Marotten, Gewohnheiten und Besonderheiten eines Landes bzw. seiner Bewohner werfen. Und es werden hoffentlich noch viele Länder folgen.

Aber zurück in den Süden Myanmars. Von Hpa-An ging die Reise noch zum Golden Rock. Eine Besonderheit des Buswesens lernte ich hier kennen: Die Fahrt mit dem Bus nach Yangon kostet nur umgerechnet vier Euro. Steigt man in der Hälfte des Wegs nach 3,5 Stunden aus, bedeutet das aber nicht, dass man auch die Hälfte zahlt. Schließlich ist es ja der Bus nach Yangon – und der kostet nun mal vier Euro?!? Genau die Hälfte davon kostet es, über eine Rampe in einen der Pilger-Lastwagen zu klettern und zum – angeblich von einem Haar Buddhas in seiner doch recht luftigen Position gehaltenen – goldenen Felsen hoch zu fahren. Ein Erlebnis der besonderen Art. Alle – egal ob gut zu Fuß oder schon gebrechlich – steigen über die Brüstung auf die Ladefläche eines Kleinlasters. Wenn keine Waren mitgenommen werden, wird gewartet, bis 42 Leute reingepfercht sind.

Pilgerlaster am Golden Rock

vollbeladen zum Goldenen Felsen

Wenn Waren mitgenommen werden, bleiben maximal zehn Leute draußen, obwohl drei Sitzbankreihen fehlen. Sitzbank ist etwas übertrieben. Es ist ungefähr die Breite eines Schulturn-Schwebebalkens, nur ohne Polsterung. Dann geht die Fahrt rasant und steil los und entgegen meiner Befürchtung aufgrund meiner Busreiseerfahrungen musste sich trotz rasanter Fahrt und heftigen Steigungen und Windungen niemand übergeben. Das wäre ein Heidenspaß geworden. Mein Gesicht war ca. 10 cm vom Hinterkopf meines Vordermanns entfernt, während das Gemächt meines Hintermannes auf wenige Zentimeter an meinen Hintern rankam. Festhalten gibt’s nicht. Man muss alles mit dem Körper ausgleichen – ein fahrender Pilates-Kurs, der mir noch Tage danach einen respektablen Muskelkater in Bauch und Rücken einbrachte. Der Felsen bzw. natürlich eine Pagode auf selbigem ist das dritte große Heiligtum des Landes und verschwindet gerne mal in sekundenschnelle im Nebel. Wahrscheinlich, damit es das Gemetzel der „Ninja Assasin“-DVD im Restaurant neben der Abfahrtsstelle des Pilgerlasters anschauen musste. Ich habe in meinem Leben noch keinen Film mit so vielen Getöteten gesehen. Den Kindern schien das Blutspritzen neben dem Heiligtum aber gefallen zu haben. Im Achterbahnlaster nach unten schlummerten sie selig.

Mawlamyaing liegt am Meer, Hpa-An am Rande der Berge und Kinpun bei Kyaikhto im Niemandsland dazwischen.

Bagan – Pagoden so weit das Auge reicht

Galerie

Diese Galerie enthält 14 Fotos.

Bagan war quasi touristenlos. Ja, so manchem, der in der Hochsaison dort war und verzweifelt ein heruntergekommenes Zimmer für 40,- US$ nehmen musste, kommt dieser Satz komisch vor. Aber dies ist einfach einer der Vorzüge der Regenzeit. Gerade mal drei … Weiterlesen