Transsibirische Eisenbahn – ein Erlebnis für alle Sinne – Teil 1

Unglaublich, wie die iPhones der ganzen Chinesen hier im Cafe Lenin das WLAN lahm machen können. Ich versuch’s trotzdem mal mit dem nächsten Bericht. Fotos werde ich wegen o.g. fernöstlicher Problematik wohl später hochladen.

Achtung, jetzt wird’s ein bisschen mehr Text. Sorry, aber es gibt viel zu erzählen von der lustigen Fahrt quer durch Sibirien…

Wer im Jaroslawer Bahnhof in Moskau sein Gepäck abgeben möchte, um noch ein bisschen die Stadt zu erkunden bis um 23:45 Uhr der Zug abfährt, der muss erstmal suchen. Wie auch der Leningrader Bahnhof in Moskau eine einzige Baustelle ist, findet man ebenso in diesem Bahnhof nur durch dichte Staubwolken den Weg zur Gepäckaufbewahrung. Das Gute: Man bekommt sein Gepäck auch wieder- was ja nicht schlecht ist, wenn man seinen gesamten Hausstand im Rucksack hat.

Den muss man dann nachher in einem kleinen engen Vierer-Abteil unterbringen, zusammen mit dem kleinen Rucksack und der großen Essenstüte mit Würsten, Schokolade, Fertigsuppen und Wodka. Dumm nur, wenn gleich beim Verstauen eine blinde Passagierin ins Abteil huscht und sich in der einzigen Gepäckablage oben versteckt. Als wäre es noch nicht genug des Slapsticks kommen Ihre zwei Begleiter kurz danach ins Abteil. Zwei Typen – ein mit selbsgestochenen Tattoos verzierter Ausgemergelter wie aus einem kaukasischen Gefangenenlager und sein Kumpel der Marke „Lukas-Podolski-nur kleiner-und-aufgedunsener“ – beide schon recht alkoholisiert und solche Genossen, aufgrund deren bloßen Anblicks ich schon in so manch anderen Situationen die Straßenseite gewechselt habe.

Also Gepäck unter das Bett und hoch die Tassen. Denn die Jungs fragen mich gleich – nachdem sie mir zu verstehen gegeben haben, dass ich den Schaffnern keinesfalls von der Anwesenheit unserer Begleiterin erzählen dürfe – ob ich ein Bier mit Ihnen trinken möchte. Ich beschließe, mir die Jungs zu Kumpels zu machen und freue mich, kurz darauf meinen Wodka mit ihnen zu leeren. Sie besorgen daraufhin noch flugs Räucherfisch und eingelegte Sardinen und los geht der Spaß. Nach jedem Schluck Wodka noch ein Zug aus dem Apfelsaft-Tetra-Pak und die Jungs bedeuten mir bald, dass wir uns das Mädel in der Gepäckblage ja auch brüderlich bei allem teilen könnten, was Jungs so Spaß macht. Ich verzichte großzügig und lege mich gegen halb vier ab. Von Schlafen keine Rede, denn die Jungs haben ungelogen einen 20 Minuten Takt beim Rauchen gehen. Zudem müssen sie ja alle halbe Stunde neues Bier holen und dazu konstant lautstark argumentieren.

Als der eine endlich schlief, sprach der andere gleich für ihn mit. Und kompensierte in seinen Selbstgesprächen dazu noch die Tatsache, dass ich leider keine seiner ganzen Erklärungen verstand und er für mich also auch mitreden musste. Gegen sieben schnarchte dann auch der dicke Lukas. Zumindest hörte er die Anrufe seiner wohl sehr eifersüchtigen Freundin nicht mehr, die aber weiterhin trotz MEINES konsequenten Wegdrückens der Anrufe alle 20 Sekunden wieder neu versuchte, ihn zu erreichen.

Eine Fahrt in der Transsib kann also als ein Meisterwerk auf der akkustischen (es kommt noch die Dauerbeschallung aus dem Abteil-TV), der visuellen (alle laufen in Jogginghosen und Flip-Flops rum, bevorzugt dazu kein Hemd mehr über dem behaarten und sehr gut genährten russischen Männeroberkörper) und vor allem der olfaktorischen Ebene bezeichnet werden. Hier dürfen als prägende Bestandteile vier Mal Fußgeruch, Bierfahne, alle 20 Minuten aufgefrischter kalter-Rauch-Atem und nicht zu vergessen der Teller mit dem Sardinenöl, der bis zum Mittag neben meinem Kopf stand, genannt werden. Selbstverständlich gut konserviert, da die Türe aufgrund der versteckten Mitfahrerin ja konsequent geschlossen sein musste.

Aber nicht abschrecken lassen, wer schon immer mal mit der Transsib fahren wollte: Denn ich bin ja ein Alleinreisender, der kein russisch spricht, was einen relativ ungeschützt allen möglichen Mitfahr-Typen aussetzt. Und ich habe auch bewusst das Risiko der 2. Klasse gewählt. Wenn man zu zweit ist und womöglich in der 1. Klasse (also Zweibettabteil) reist, erlebt man zwar weniger, kann aber besser schlafen und sieht mehr von der Landschaft. Die allerdings über tausende Kilometer hinweg vornehmlich Birken und zerfallene Holzhäuser bietet.

Speisewagen im Rossija

Menü 1: Essen fassen im Speisewagen

Restaurant Babuschka

Menü 2: Essen fassen bei Babuschkas (Omas)

Ich hätte sogar den Aufpreis bezahlt, aber es war nichts mehr frei in der 1. Klasse. Aber ich hatte zumindest beim Schaffner genug Mitleid erweckt und durfte das Abteil wechseln. Ich war dann mit einer Russin und einem ukrainischen Seemann – dem einzigen anderen Ausländer neben mir im Waggon und die Optimalbesetzung, wenn es den sanftmütigen, aber gefährlich dreinschauenden Riesen in einem Film zu besetzen gäbe – in einem ruhigen Antialkoholikerabteil. Der Himmel auf Schienen.

Leider nur bis in die übernächste Nacht, wo wir um 1:00 Uhr Novosibirsk erreichten, die Russin ausstieg und ich in mein altes Abteil zurück musste. Unglücklicherweise zog dann da noch ein komischer Kauz ein und wir waren jetzt zu fünft. Glücklicherweise war den beiden Spritbrüdern allerdings bereits während des ersten Tages das Geld für Bier ausgegangen und sie tranken nur noch Tee mit dem kostenlosen heißen Wasser aus dem Samowar am Gang. Die weiterhin gleich getakteten Zigarettenpausen und der strenger werdende Stallgeruch (nach 3 Tagen nicht waschen) führte wie schon in der ersten Nacht gemeinsam mit den Anrufen der Freundin (weniger werdend) sowie meiner Sorge, rechtzeitig wach zu werden, dazu, dass ich gerade mal drei Stunden schlief als der Zug nach 3,5 Tagen Irkutsk morgens um halb acht erreichte. Und zu meiner großen Erleichterung tatsächlich ein Herr ein Schild mit meinem Namen hochhielt und mich zu meiner Privatübernachtungsstätte abholte.

Nach einer kurzen Erholungspause in Irkutsk geht’s dann weiter mit der Transmongolischen Eisenbahn nach Ulan Bator. Mal schauen, mit was dieser Zug aufwarten kann. Der russische Paradezug – Rossija  hat schon mal gehalten, was er an Erlebnis versprach.

Liebe(s)grüße aus Moskau

Gleich vorweg: James Bond ist hier nicht vonnöten. Die Stadt scheint harmloser als ihr Ruf. Aber sie ist auch anders als St. Petersburg.

In Moskau wird vieles aus St. Petersburg noch ein bisschen getoppt. Hier sind die Sportwagen dann auch schon mal Maseratis, die U-Bahnhöfe noch ein bisschen schöner, der Servicegedanke noch ein bisschen unterentwickelter, deutlich mehr Bettler und noch verstecktere Hotels und Firmen. Ärgerlich, wenn das gerade Dein Hotel oder die Firma betrifft, bei der Du Deine Transsib-Tickets abholen musst und kein Klingelschild oder sonstiges zu finden ist.

Ein besonderes Highlight in Moskau war aber der Besuch einer Banya. Wenn man so möchte, wie eine Sauna, nur deutlich verschärfter. Man kommt in einen großen Raum, der ungefähr wie ein Zuggroßraumwagen bestuhlt ist – mit ledernen Sitzbänken und Tischen davor. Darauf sitzen lauter dicke nackte Männer. Auf den Tischen Teller mit Pferdewurst und dazu trinkt man entweder Kwass, ein aus Schwarzbrot gegorenes Erfrischungsgetränk/Bier, oder eine ganze ausgepresste Zitrone mit zwei Esslöffeln Honig und Mineralwasser aufgegossen. Die Flüssigkeit ist dringend nötig, denn mit einer klassischen Sauna wie wir sie kennen, hat das nicht mehr viel zu tun. Man setzt sich Filzhüte gegen (!) die Hitze auf, schlägt sich mit Zweigen aus Eichen- oder Birkenlaub (die ganz Harten nehmen Tannenzweige) gegenseitig auf den Rücken bzw. die Verlängerung davon und wenn’s noch nicht heiß genug ist, macht einer einen Aufguss. So weit so gut, nur dass der Ofen ca. 2,5 m hoch ist und man eine Eisentür wie bei einer Dampflok aufmacht und Wasser bis zum geht nicht mehr reinschüttet. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit brennt die Luft wie die Hölle. Und jeder Luftzug macht es noch heißer. Vielleicht ist diese Klappe ja doch der Einstieg zum Fegefeuer…   

Allgemein lässt man in Moskau eine Menge Geld für recht wenig. Mickriges Hotelzimmer, wenig Essen und jeder Kircheneintritt – alles kostet ca. doppelt soviel wie in Deutschland. Aber ich denke, den Wodka gibt’s günstig. Den muss ich jetzt noch kaufen für den Zug. Dreieinhalb Tage am Stück im Rossija – schaumermal wie’s wird und wie danach meine Russisch-Kenntnisse sind.

Achja – und nicht dass der Eindurck aufkommt, ich hätte keine Fotos gemacht oder wäre nur in der Banya gewesen, hier noch ein Foto :-).Basiliuskathedrale

St. Petersburg putzt sich raus

Galerie

Diese Galerie enthält 6 Fotos.

Petersburg im April hat Vor- und Nachteile. Zum einen ist es schön, wie die Reste von Schnee und Eis noch auf der Newa treiben oder in der zaghaften Frühlingssonne dahin schmelzen. Andererseits wird der April anscheinend auch für den Fühjahrsputz … Weiterlesen

Start der Weltreise – St. Petersburg

Nun ist es also soweit: Der Blog, in den ich mal alle meine vergangenen Reisen nachtragen wollte, blieb fast jungfräulich und musste bis jetzt warten, dass etwas Neues mit ihm geschieht. Und ich hoffe, ich werde in den nächsten Monat fleißig sein, um ihn auch mit Leben zu füllen.

Die gute Nachricht für Insider vorneweg: Mit dem Flug hat soweit alles super geklappt, nur verstanden habe ich kein Wort. Das lag aber dieses Mal nicht am Druckabfall und der damit verbundenen Schwerhörigkeit über Tage hinweg, sondern an der Fluglinie Rossija: Die Stewardess sprach beharrlich ausschließlich russisch mit mir.

Dass dies kein Einzelfall ist, sondern die 99% Regel, stellte ich am Bahnhof in St. Petersburg fest. Hier ist alles nur auf Russisch ausgeschildert, was schon mal den Weg zum Ticketschalter – der logischerweise in einem Nachbar-Gebäude ist – zur kleinen versteckten Herausforderung macht. Hat man das andere Gebäude erreicht, kann man es am Fahrkartenautomaten probieren – sogar auf englisch, was allerdings dann spätestens ab der Eingabe von Start und Ziel sowie Klasse und Erwachsener oder Kind nur noch auf kyrillisch geht. Also ab zum Schalter, wo ich anscheinend gleich eine Besonderheit der Russen kennen gelernt habe: Je älter die Wartenden, desto aktiver das Anstehen. In der Champions League des Drängelns spielt man anscheinend, wenn man einen Rentenbescheid oder so etwas in der Hand hat. Dann drängeln sich die Mütterchen durch die Traube der sich bereits vordrängelnden Mütterchen zum Schalterfenster. Funktioniert übrigens auch im Museum.

Als ich dann dran war, stellte ich erstaunt fest, dass auch am Ticketschalter des Bahnhofs einer Weltstadt wie St. Petersburg Russisch die einzige Sprache ist, die neben Händen und Füßen zählt. Mit den pantomimischen Erklärungen bin ich schon sehr gut und lerne jeden Tag fleißig die kyrillische Schrift, in dem ich bekannte Firmen oder Schauspieler erkenne und den dazugehörigen Namen (im Fall von Bruce rechts oben im Eck, zum Vergrößern klicken) gleich mit präsentiert bekomme.SONY DSCSONY DSC

Also alles ganz einfach…ich fühle mich zwar wie ein Erstklässler, der gerade Lesen lernt. Aber wenn man Worte wie Tualet oder Apteka lesen kann, weiß man wenigstens nach dem Klobesuch wo man was gegen Durchfall bekommt.

Gleich um die Ecke des Moskoviter Bahnhofs gibt es ein riesiges Shopping-Center. Dort gibt’s übrigens neben zahlreichen Luxusgeschäften und der dazugehörigen herumstöckelnden Kundschaft auch einen Supermarkt, in dem man die tiefgefrorenen Pommes, Broccoli-Röschen oder Fischstäbchen lose in eine Tüte füllt und abwiegt. Da hätte der deutsche Hygiene-TÜV bestimmt ein bisschen was dagegen.

Schüttgut im Supermarkt

eiskaltes Händchen garantiert

Wahrscheinlich hätte der deutsche U-Bahn-TÜV oder die Polizei auch was gegen die  tolle Eigenschaft der U-Bahn, dass ca. eine Sekunde bevor Dein Waggon die Station erreicht, kurz das Licht ausgeht. Für manche Langfinger oder aber für Träumer, die gerne das Aussteigen verpassen, sicher ganz praktisch. Apropos U-Bahn: wenn man es eilig hat, lieber ein paar Minuten mehr Puffer einplanen. Zum Teil sind die Rolltreppen so lang, dass Du glatt vier Minuten in die Tiefe fährst. Wahrscheinlich fahren daher die ganz Eiligen auch lieber mit Sportwagen, SUVs oder mit ganz normalen Taxen mit Vollgas durch die Stadt. Mein Taxifahrer vom Flughafen brachte es in der Spitze auf satte 95 km/h – mitten in der Stadt wohlgemerkt. Da beherzigt man als Fußgänger doch auf jeden Fall den Tipp aus dem Reiseführer: Ein Zebrastreifen ist nicht unbedingt sicher!