Auf Schusters Rappen zum Inle-See

Nachdem wir auch die Dritte im Bunde überzeugt hatten, dass sie doch mehr als nur die Wanderung um Kalaw machen sollte, zogen wir als schottisch-spanisch-deutsches Dreigestirn mit James los in Richtung Inle-See. Durch Reisterrassen, über sehr matschige rote Erde, auf Bahngleisen und immer rechtzeitig vor dem großen Regen im trockenen Übernachtungsplatz.

Luxusherberge in den Bergen von Kalaw

Luxusherberge in den Bergen von Kalaw

Das war in der ersten Nacht der Fußboden einer Familie und in der zweiten Nacht der Fußboden einer Herberge, in der man abends eine Menge nette Leute und Millionen von großflügeligen Insekten traf.

Vorher gab’s aber einige Impressionen auf einem wuseligen Markt der besonderen Art – in einem Bahnhof bzw. einem Bahnsteig, denn größer war der Bahnhof nicht.

der Zug wird randvoll mit Blumenkohl gemacht

der Zug wird randvoll mit Blumenkohl gemacht

In einem Dörfchen, das getrost als Epizentrum des Blumenkohlanbaus gezählt werden kann, steigt auf dem Bahnsteig die große Verkaufssause. Alle Blumenkohlköpfe, die herangeschafft werden können, müssen irgendwie in dem Zug gen Süden des Landes verstaut werden. Nach einem nicht zu durchschauenden Muster werden alle Passagiere zu Zwischenhändlern und verkaufen die dann in allen Gängen gestapelten und unter allen Sitzbänken verstauten Blumenkohlmassen am Ende ihrer Reise mit fast 100% Marge ( = 40 Cent Gewinn pro drei Blumenkohlköpfen) an Händler in der Gegend von Yangon.

Unterwegs trifft man dann weiterhin fröhliche einheimische Kinder, Ochsenkarren, Wasserbüffel-Jockeys und gelegentlich auch Schlangen und Skorpione – allerdings von fleißigen Vorwanderern schon dahingerafft. Das nenne ich mal Service am Touristen…

Der Schumi von Manmar

Der Schumi von Manmar

Die birmanische Version vom Baby-Björn

Die birmanische Version vom Baby-Björn

Büffel-Jockey

Büffel-Jockey

vielfüßiger, aber kopfloser Skorpion

vielfüßiger, aber kopfloser Skorpion

Bagan – Pagoden so weit das Auge reicht

Galerie

Diese Galerie enthält 14 Fotos.

Bagan war quasi touristenlos. Ja, so manchem, der in der Hochsaison dort war und verzweifelt ein heruntergekommenes Zimmer für 40,- US$ nehmen musste, kommt dieser Satz komisch vor. Aber dies ist einfach einer der Vorzüge der Regenzeit. Gerade mal drei … Weiterlesen

Road to Mandalay

Nach der Fahrt mit dem Luxusbus, war ich sehr entspannt. Auch wenn sie eine knappe Stunde länger dauerte als gedacht. Zehn Minuten vor Erreichen des Busbahnhofs bogen wir nämlich plötzlich in die Prärie ab und luden in einem kleinen Dörfchen die 80 Styropor-Kisten aus, die sie in Yangon sieben Stunden zuvor verladen hatten. Als ich dann sah, dass es Kühlkisten mit Krebsen waren, war ich doch sehr froh, dass im Laderaum kein Platz mehr für meinen Rucksack war, dafür aber auf den hinteren Sitzbänken sehr wohl noch. Ich wäre wohl für einige Woche vom Geruch her als Fischer auf Landgang durchgegangen.

Nach der Fahrt mit dem Mopedtaxi in die Stadt war ich nicht mehr so arg entspannt. Sein Versuch, meinen großen Rucksack zwischen seinen Beinen zu transportieren endete erstmal im nächsten Kleinlaster. Also den kleinen zwischen seine Füße, meinen Großen auf meinen Rücken und dann ab ins Straßen-Chaos. Zum Glück gab’s wenigstens stadteinwärts ein paar Ampeln. Denn ansonsten funktioniert der Verkehr im Zentrum ohne Ampeln, dafür gemäß Recht des Stärkeren. Fahren mehrere Fahrzeuge auf eine Kreuzung zu, funktioniert das recht gut wie folgt: Laut hupen und der Größte darf als erster durch.

gut beschützt auf dem Mopedtaxi

gut beschützt auf dem Mopedtaxi

Ein Mönch als Sozius auf dem Mopedtaxi bringt selbst in einem buddhistischen Land keinerlei Bonuspunkte. Ochsenkarren kommen in der Regel noch vor Rikschafahrern.

da geht schon noch was drauf

da geht schon noch was drauf

Auch massive Überladung trotz mangelhafter Bremsen bringt nur bedingt was, man muss nur öfter hupen. Vier Leute auf der Vespa sind gleichberechtigt mit einem Fahrer, auch wenn letzteres nur sehr selten vorkommt. Zuletzt in der Reihenfolge kommt einer, der sonst nur in deutschen Führerscheinprüfungen vorkommt – der Mann mit Handkarren. Ich als kleiner Fußgänger muss gut aufpassen und durch kleine Schlupflöcher aller anderen Verkehrteilnehmer durchhuschen. Und das sogar, als ich einen blinden, gebrechlichen Mann im Dunkeln über die Straße führte.

Mandalay überfordert einen, wenn man aus „untouristischeren“ Ecken wie Yangon oder Ngwe Saung kommt. Überall bieten Dir Fahrer und Führer ihre Dienste an. Auch bei den Hotels merkt man, dass sie sich nicht sonderlich um Kundschaft und deren Zufriedenheit kümmern müssen. Aber auch hier sind sie ansonsten überaus freundlich – und arbeitsam in der Stadt des Kunsthandwerks.

mit viel Schweiß zu Gold – nicht nur bei Spitzensportlern

In einem höchst aufwändigen Prozess stellen sie z. B. Blattgold her. En kleiner Barren Gold wird zunächst mit einem drei kg schweren Hammer eine halbe tunde breit geklopft. Im zweiten Durchgang wird es – zwischen extremst aufwändig hergestelltem Bambuspapier und Hirschleder eingeklemmt – eine weitere Stunde geschlagen. In einem dritten Prozess wird es während fünf Stunden platt geklopft bis es zum Schluss nur noch einen tausendstel Millimeter dick ist und zu ca. 2.400 Blättchen Gold zurecht geschnitten wird. Die Zeit wird mit einer Kokosnuss gemessen, die ein kleines Loch hat. Nach exakt drei Minuten ist sie voll gelaufen und wird ausgeleert. Die Hämmerer klopfen im Schichtbetrieb jeweils eine Stunde, dann 15 Minuten Pause, dann wieder eine Stunde hämmern. Das Endprodukt kann man dann entweder auf sein Essen tun (in Berlin gibt’s ja sogar eine Curry-Wurst mit Blattgold und Champagner) oder aber auf den Buddha in der Mahamuni-Pagode ein paar Straßen weiter kleben.

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Fußball-Rastellis im Ring

Das tun die Gläubigen so ausführlich, dass die Figur immer dicker wird und seine Form verliert. In Kürze wird er an manchen Stellen schon einen halben Meter dicker sein als ursprünglich. Frauen dürfen allerdings kein Gold anheften sondern nur zugucken. Zuschauen dürften sie nebenan, wo die Männer im Kreis laufen und den Rattanball möglichst artistisch in der Luft halten müssen – tun sie aber nicht. Dafür sind jede Menge Mönche unter den begeisterten Zuschauern dieses von einer Jury bewerteten und von einer Trommel- und Gong-Band begleiteten Sportspektakels.

Spektakel der anderen Art bieten die Myanmarer generell bei ihren Heiligtümern. Die überdachten Aufgänge zu den Pagoden auf dem Mandalay Hill sind genauso wie die Gänge zu anderen religiösen Stätten mit unzähligen Nippes-Ständen und Cola aus Kühltruhen verkaufenden Marktfrauen gesäumt. Das wäre ungefähr so, wie wenn man vom Rhein her mehrere lange Zugänge zum Kölner Dom bauen würde, wo man neben Kölsch, auch noch ein paar FC-Fan-Utensilien, ein paar schlaue Sprüche, T-Shirts, Blumenvasen und Angry-Birds-Figürchen kaufen kann. Halt alles, was man in einer Kirche so braucht.

Mit dem Bus durch Myanmar

Anfangs sitzt Du mutterseelenalleine in einer stinkenden Wartezone, von der Du nicht weißt, ob’s die richtige ist. Denn die birmanische Schrift ist sehr kringelig und für nur sehr wenige Langnasen lesbar.

mit Buddhas Segen auf die Reise

mit Buddhas Segen auf die Reise

In der Zone gibt’s wenigstens Unterhaltung morgens um 6:30. Dort für die Kinder, die gebannt auf das Gemetzel der The Expandables-DVD starren und im Bus dann die buddhistischen Lesungen als Kontrastprogramm für die Erwachsenen. Die beliebtesten Programme während der Fahrt sind Comedy-Shows, die in keinster Weise lustig sind (noch nicht mal die Birmaner lachen), dafür aber sehr laut sind – weil die Hauptdarsteller spätestens ca. alle 5 Minuten aus irgendeinem Grund laut kreischen, schreien, schluchzen oder krähen.

Wenn dieses Programm vorbei ist, kommt gerne einfach der Videokamera-Mitschnitt eines Comedy-Festivals, wo auch wieder zwei Comedians kreischen und falsch singen.

Da bist Du richtig froh, wenn das Programm wieder zu den herzzerreißenden Musikvideos zurückkehrt, in denen ein Pärchen sich trennt und der oder die Verlassene in Erinnerung schönster Romantikzeiten schwelgt. Die Musik liegt irgendwo zwischen Enrique Iglesias bzw. Alejandro Sanz, Roland Kaiser und den Scorpions. Lustig ist, dass es für ein und dasselbe Lied bis zu 10 verschiedene Versionen der Schmacht-Trennung gibt. Ist aber ein bisschen wie Rosamunde Pilcher – kennst Du einen kennst Du alle. Manchmal passt auch die Tonspur so gar nicht zum Film. Dann läuft die Schmachtmusik und im Bild spritzt das Blut beim Karatefilm.

Fragen, wie lange der Bus braucht, bringt übrigens Unglück durch die Nats – die Geister. Deswegen weisen sogar Schilder daraufhin, dass man den Busfahrer nicht darauf ansprechen darf. Wenigstens sagt er Dir, wie lange die Essenspause ist, bei denen Du einfach in die Töpfe der einfachen Massen-Restaurants schaust, etwas auswählst und dann noch diverse andere Köstlichkeiten oder auch Scheußlichkeiten in Schälchen dazu bekommst. Und dann heißt es hoffen, dass alles so gut gekocht war, dass Du nicht alle zwanzig Minuten den Fahrer bitten musst, Dich gaaanz schnell aufs Feld rauszulassen, um dringendsten Geschäften nachzugehen.

Wenn der Bus dann losfährt, muss er – obwohl hier kein hinduistisches Land ist – gerne auch Kühe umkurven. Aber die Belegschaft kümmert sich auch rührend um Straßenbauer. Die Teerarbeiter, die bei sengender Hitze die Straße richten und dafür gerade mal 2 US$ pro Tag verdienen (Frauen nur 1,50 US$), bekommen Wasser gereicht. Tolle Geste.

Wahrscheinlich sind es die Gratis-Wasserflaschen, die die Hälfte der Passagiere eh’ nicht nutzt. Entweder weil sie damit beschäftigt sind, ihre Plastiktütchen mit dem bethelnuss-bedingten roten Speichel vollzumachen oder eben diese Tüten mit weiter tieferliegenden Magensäften zu füllen. Sobald es ein wenig kurvig und bergig wird, fängt einer an zu reihern und alle umliegenden stimmen fröhlich ins Würg-Konzert ein. Da brauchst Du einen stabilen Magen, um nicht auch Teil des Orchesters zu werden.

Yangon – der klassische Fall von Denkste

Die Leute sind so freundlich hier in Myanmar und auch in der größten Stadt Yangon ist alles noch natürlich. Kinder winken, Frauen winken, Männer winken und die Touristen müssen in Myanmar mit großen Dollarscheinen winken. Alle Flüge, Bahnfahrten und Hotels in diesem Land müssen weiterhin mit nagelneuen und bloß nicht verknickten Dollarscheinen gezahlt werden. Aber das Land entwickelt sich schnell. Erst vor vier Monaten wurden die ersten Geldautomaten des Landes aufgestellt und schon finden sich sogar fast zehn Stück davon alleine im größten Heiligtum Yangons – der Shwedagon-Pagode.

Geldautomaten im Heiligtum

Geldautomaten im Heiligtum

Auf dem Bild wischen die Frauen nur den Regen weg, nicht die roten Flatscher, die die nonstop auf Bethelnuss-Gewürz-Mischungsblättern rumkauenden Männer (und manchmal auch Frauen) nonstop in die Gegend spucken. Man muss schon gut aufpassen, nicht getroffen zu werden. Aber wenn’s mal knapp wird, lächeln sie Dich mit Ihren übriggebliebenen rostroten Zähnen freundlich an.

Thanaka für alle Lebenslagen

Thanaka für alle Lebenslagen

Besonders lustig ist die Kombination mit Thanaka, der Paste aus Sandelholz, die sich die Frauen (und manchmal auch die Männer) großflächig, partiell oder in feinen Mustern ins Gesicht schmieren. Ist Sonnencreme, Tagescreme, Antifalten- und Antipickel-Mittel in einem. Und sieht bei kahlgeschorenen Kindern mit rundem Gesicht noch lustiger aus.

 

 

Etwas gewöhnungsbedürftig für Westler ist auch, wie sie mit ihrem Heiligtümern umgehen. Die Geldautomaten sind nicht die einzige moderne Technik, die in der Shwedagon-Pagode im Einsatz sind. Rolltreppen, die allerdings an den Unmengen von Shops im Aufgang zur Pagode vorbeiführen, und die scheinbar größte Errungenschaft sind blinkende LED-Lichter in allen Farben.

Die andere Art der Erleuchtung

Die andere Art der Erleuchtung

Die werden bevorzugt über den Köpfen der Buddha-Figuren eingesetzt. In unsere Breitengrade übersetzt wäre es wohl ein Jesus am Kreuz mit einer durch rote LED-Leuchtketten erzeugten tropfenden Wunde. Manches verwundert hier noch mehr als Geldautomaten im Heiligtum.

 

 

 

Yangon oder auch als Rangoon oder Rangun bekannt: wahrscheinlich denken 98% aller Leser, es wäre die Hauptstadt. Denkste! Wurde flugs mal verlegt und ist jetzt eine Stadt im Niemandsland die vor 2005 noch ein kleines Dorf war. Nay Pyi Taw hat inzwischen eine gigantische Ausdehnung – die ihr zugeteilte Fläche ist fünfmal größer als Berlin! Aber die Regierung wollte es halt einfach so aus Aberglaube und Prestige. Genauso wie sie in den letzten Jahren flugs mal eine Menge Geldscheine (so lustige Werte wie 45 oder 90 Kyats) von der Regierung vom Markt genommen haben und so viele Menschen ihr Erspartes über Nacht verloren. Oder genauso wie einfach mal die Flagge geändert haben oder den Straßenverkehr trotz rechts gesteuerter Autos per Dekret über Nacht mal schnell von Linksverkehr in Rechtsverkehr umstellten. Die Nachteile beim Überholen hatten wir schon in verschiedenen vorherigen Kapiteln.

Zu den größten Verkehrsteilnehmern gehören die sehr laut hupenden Busse – und weil in Yangon vieles anders ist, gibt’s hier nicht nur mehrere Busbahnhöfe, sondern es ist auch der größte der drei Große kein normaler Busbahnhof, sondern eine ganze Busbahnhofsstadt mit vielen einzelnen Straßen. Da muss Dein Taxifahrer schon genau wissen, in welche Straße er Dich zu Deinem Bus bringen darf.

Auf dem Busbahnhof gibt’s dann auch „Call Center“, falls man sein Transportunternehmen doch nicht findet. Man nehme eine junge Dame, einen Tisch und zwei Telefone und setze diese dann einfach zwischen zwei Busse. Keine Mietkosten und sehr diskret.

Auf diesem Busbahnhof gibt's jede Menge gute Verbindungen

Auf diesem Busbahnhof gibt’s jede Menge gute Verbindungen

Europäische Fußspuren im neuen großen China

Wenn man in Macau am Flughafen ankommt überrascht einen weniger die zu erwatende Schwüle mit Temperaturen jenseits der 30 Grad und Luftfeuchtigkeit von 97%, sondern vor allem auch, dass anscheinend Taxen Mangelware sind. Denn nur vereinzelt kommt mal ein Taxi vorgefahren, dass dann von Geisterhand die entsprechende Fahrgasttür und den Kofferraum öffnet. Selbst die Fahrer wollen bei diesem Klima nicht vor die Autotür.

Das Klima hinterlässt dann auch deutliche (Schimmel)Spuren an den Gebäuden, selbst an den schönsten und rausgeputztesten Casinos. Und davon gibt’s eine Menge.

Nicht jeder findet moderne Casinos in alten Kolonialstädten super

Nicht jeder findet moderne Casinos in alten Kolonialstädten super

Die Zockerhauptstadt Asiens, die früher mal eine beschauliche kleine portugiesische Kolonie mit kleinen beschaulichen portugiesischen Ortsteilen war, lässt jetzt ein modernes Casino neben dem anderen aus dem Boden schießen. Angeblich hat es jetzt schon Las Vegas überholt, was die Summen beim Zocken angeht. Und drumherum lassen sie sich auch nicht lumpen. Im Casino Lisboa sammeln sie eindrucksvolle Kunst in der Lobby (z. B. eine 6 Jahre lang von 10 Künstlern aus Mammutzähnen geschnitztes Teilstück der Großen Mauer samt Alltagsszenen der Menschen dort) und im The Venetian schippern ausgebildete Sänger die Fahrgäste in Gondeln durch das Gebäude – durch den künstlichen Canale Grande unter der Rialto-Brücke hindurch. Zumindest diejenigen, die nicht gerade ein Vertu-Handy für 42.000,-€ oder einen Jade-Armreif für 1,9 Millionen Euro (!) kaufen oder ein Stockwerk tiefer wahrscheinlich die gleichen Summen verzocken.

Da schaut es draußen in den Gassen und den Außenbezirken der ehemaligen portugiesischen Kolonie doch ganz anders aus. Krasser kann der Gegensatz kaum ausfallen. Die einen gönnen sich Fitness-Studios vom letzten Schrei samt den teuersten Trainern, die anderen machen das halt einfach auf dem verratzten Häuserdach.

Freiluft-Fitnessstudio auf der Schattenseite des Luxus

Freiluft-Fitnessstudio auf der Schattenseite des Luxus

Ebenso krass ist der Kontrast in Hongkong, wo sich das Leben aber stark vermischt. So stöckeln die schicken Expat-Damen durch die übel riechenden und mit Kakerlaken reichlich gesegneten Marktgassen, die sich den Berg zwischen den endlosen Wolkenkratzern hochziehen. Tagsüber sieht man dann auch, was es dort so alles gibt.

Tintenfisch - getrocknet so platt wie eine Flunder

Tintenfisch – getrocknet so platt wie eine Flunder

Zwar nicht wie in Peking in der Touri-Fressgasse Seesterne, lebende Skorpione oder Seepferdchen am Spieß, aber alles, was einen ungewöhnten westlichen Magen doch ein wenig in Wallung bringen kann. Heftigere Bilder hierzu gibt’s gerne auf Anfrage – im Angebot sind blasse Hühnerfüße, aufgedunsene Fischinnereien oder gut abgehangene Schweineköpfe.

pelziger Rindermagen und glibbriger Rest vom Vieh

pelziger Rindermagen und glibbriger Rest vom Vieh

Auch in Macau bekommt man leckere Suppen, die man sich frei zusammenstellen kann. Unsere Kombi mit Nudeln Fischbällchen, ein bisschen Gemüse und Rindfleisch war gut, auch wenn sich das Rindfleisch als Magen und irgendetwas mit einer sehr ungewohnten rindlichen Konsistenz herausstellte. Da sind die fettigen Fleischplatten, die an jeder Ecke angeboten werden, noch richtig appetitlich.

Eierpudding mal anders serviert

Eierpudding mal in der Ursprungsverpackung serviert

Ein Traum sind auf jeden Fall die aus portugiesischen Zeiten übrig gebliebenen Eiertörtchen. Ein für das deutsche Hygieneamt wahrscheinlich Präsentations-Albtraum ist dagegen der Eierpudding, der hier in einer recht originellen – da originalen – Verpackung daher kommt.

 

Auch Hongkong hat noch recht viel Anlehnung an das Vorbild aus dem kolonialen Mutterland zu bieten. Überall Doppeldeckerbusse und eine einzige spezielle Taxi-Form. Man fühlt sich fast nach London versetzt, samt anständigem Schlangestehen, coolen Jazz-Clubs und Millionen von Seven Eleven Läden. Nur der Klimaanlagenschock (von 33 Grad in 17 Grad kalte Kneipen) und ausschließlich kaltes Wasser in der Dusche meines überteuerten Hostels (das 9-Bett-Zimmer hatte die gleiche Größe wie das Badezimmer zuvor im von Joe’s AMEX-Punkten gesponserten Ressort in Macau) sowie der irre, in den Berg zementierte Straßenverkehr beamen einen schnell wieder in die Hongkonger Realität. Aber wenigstens bekommt man hier ganz ohne Anstehen und Warterei innerhalb von nur 30 Stunden das Visum für Myanmar.

Hongkonger Straßendschungel

Hongkonger Straßendschungel

Peking überrascht…

…nicht nur weil bei unserer Ankunft kaum Smog war, sondern weil die Stadt auch viel grüner und viel weniger wuselig, ist als ich dachte. In den Hutongs (den kleinen Gassen in den von der Wolkenkratzer-Bauwut arg bedrohten alten Viertel) bekommt man sogar von dem Verkehrslärm nichts mit. Dort muss man eher aufpassen, nicht vom „leisen Tod“, den schon seit Jahrzehnten rumfahrenden Elektro-Vespas und -Mofas, von hinten über den Haufen gefahren zu werden. Die Autos, die in hier zu sperrig und daher oft einfach nur in den Gassen geparkt sind, sehen aufgrund der Luftverschmutzung aus, als würden sie schon seit Jahren abgemeldet hier rumstehen. Dabei reicht in Peking manchmal schon ein Tag für eine respektable Staubschicht aus.

Lautlos bewegt sich manchmal auch die Polizei. Nämlich mit Polizei-Segways z. B. auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Da fahren sie dann Slalom um die ganzen uniformierten und Zivil-Polizisten, die den Platz zusätzlich zu den – geschätzt – 4.000 Überwachungskameras allein auf diesem Areal im Auge behalten. Seltsam, wenn man auf den Platz geht und die Chinesen ihre Taschen zum Durchleuchten in das Röntgengerät legen müssen und z.T. der Pass kontrolliert wird, während Ausländer unbehelligt drauf können. Hier wie auch bei der Verbotenen Stadt stehen wahrscheinlich aus Furcht, mit den mitgebrachten Benzin-Kanistern würden sich Mönche oder sonstige Demonstranten selbst verbrennen, unzählige Feuerlöscher direkt in der Nähe der unter Sonnenschirmen wartenden Zivilpolizisten. Was den wachsamen Augen aber wohlwollend entgangen ist, war der kleine Junge, der auf den Platz gekackt hat.

das nicht ganz so stille Örtchen im Hutong

das nicht ganz so stille Örtchen im Hutong

Und das obwohl die Chinesen bei ihren Klos durchaus erfinderisch sind. Eine Häuserecke im Hutong reicht aus. Wahrscheinlich für diejenigen, die aufgrund nicht vorhandener Türen auf das Auge-in-Auge-Geschäft mit dem gegenüber Hockenden verzichten wollen. Dabei sind sie auch hier eh’ nur mit dem iPhone beschäftigt. Wahrscheinlich für die meisten im wahrsten Sinne des Wortes ein Scheißspiel…

Die Smartphone-Sucht sorgt sowohl hier als auch in Macau oder Hongkong dafür, dass wirklich jeder in die kleine Kiste starrt – was man als Langnase in der U-Bahn recht gut beobachten kann, da man prima über alle Köpfe hinweg schauen kann. Wenn man dann rausschaut, entdeckt man die riesigen Dimensionen der Stadt. Stundenlang kann man mit der U-Bahn fahren und jedes Mal, wenn sie ans Tageslicht kommt, sieht man monströse Trabantenstädte. Erschreckend dabei ist, dass selbst diese Wohnungen für die meisten normalen Angestellten unerreichbarer Luxus sind. Die Realität ist oft ein 30m² Zimmer für die ganze Familie ohne direktes Licht, dafür aber das Klo auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Hutong.

Bei den beengten Verhältnissen ist es auch kein Wunder, wenn sich der Koch des Restaurants mal kurz während der Arbeit auf der Straße rasiert oder die Leute zweimal am Tag im Hutong-Markt frisch einkaufen gehen, da kein Platz für eine Küche oder einen Kühlschrank ist.

aus hygienischen Gründen bitte nur fernab vom Kochtopf rasieren

aus hygienischen Gründen bitte nur fernab vom Kochtopf rasieren

Wer einen Kühlschrank hat, ist oftmals ein Alien – nämlich ein hier lebender und arbeitender Ausländer, der auch einen Alienpass bekommt. Und auch wir als Besucher mussten zur Polizei, um uns als Aliens – so steht es zumindest angeschrieben – pflichtbewusst anzumelden. Angesichts der Überwachung durch Kameras durchaus empfehlenswert, es auch zu machen. Durch diese Kameratechnik  wird alles gesehen und geht nichts verloren, denn z. B. beim Schal, den unser Gastgeber verloren hatte, konnte man durch die Überwachungskameras exakt lokalisieren, wo er ihn nicht mehr hatte und konnte dann dort anrufen und sagen, dass man den Schal morgen abholt. Ob die Kameras auch verfolgen, wer in die Friseursalons mit Happy Ending geht, habe ich allerdings nicht eruieren können. Das gibt’s nämlich nicht nur bei einschlägigen Massagestudios…

Auf der Großen Mauer habe ich nur wenige Kameras gesehen. Lag wahrscheinlich daran, dass wir erst einmal auf einem unrestaurierten Stück mit herrlich unberührter Natur gewandert sind. Dann doch noch ein Stück restaurierte Mauer mit entsprechend vielen Touristen, weiterhin tollen Ausblicken und zur Belohnung eine Sommerrodelbahn, wo die Streckenposten heftigst mit Fähnchenwinken beschäftigt waren, um uns zu einer gemäßigteren Fahrweise zu bewegen. Bei Langnasen aus dem Land vom Hackl Schorsch aber vergeblich :-).

Mit dem Winken haben sie’s eh’.

sonntags morgens beim Flugzeug-Einwinken im Park

sonntags morgens beim Flugzeug-Einwinken im Park

Beispielsweise, wenn man Sonntag morgens in den Park vom Kohlehügel hinter der Verbotenen Stadt geht. Hier tummeln sich unglaublich viele Menschen zu Frühsport und Frühmusizieren der verschiedensten Art.

Marschblasen auf chinesisch

Marschblasen auf chinesisch

wie einst bei der Rocky Horror Picture Show

wie einst bei der Rocky Horror Picture Show

Ob sie mit Bändern wie ein Flugzeugeinweiser wedeln, mit einer Art Federball-HackySack Fußball-Tennis spielen, sich im Paar- wie auch Massentanz miteinander vergnügen, mit lustigen Instrumenten musizieren oder in verschiedenen Chören unter professioneller Leitung gegeneinander ansingen. Hier treffen sich alle, die nicht schon an den unzähligen Tischtennisplatten und Freiluft-Fitness-Centern hängen geblieben sind.

P.S.: Falls Ihr Euch wundert, warum so lange nichts erschienen ist. Sowohl in China als auch in Myanmar werden Blogseiten geblockt. Aus irgendeinem Grund kann ich aber in Myanmar gerade doch hochladen – zumal hier erschwerend hinzukommt, dass das Internet überhaupt nur sporadisch funktioniert. Daher jetzt schnell die ersten Texte und vielleicht später noch ein paar Fotos mehr.