Warum in die Ferne schweifen…

…wenn die (Wahl-)Heimat so nah liegt und auch schöne Geschichten bietet.
Wobei mein derzeitiger Wohnort Wien ja für manchen in Kiel oder aus den dortigen Quasi-Nachbardörfchen Kalifornien und Brasilien durchaus eher fern ist.

Und das wohl nicht nur geografisch. Auch sprachlich findet sich der Deutsche in Wien manchmal in einer anderen Welt wieder. Beispielsweise im Restaurant, wo er beim Lesen der Speisekarte manchmal wünscht, er wäre in einem Thai-Restaurant. Denn dort weiß er dank der heutigen globalisierten Welt zumindest oft schon, was ihn bei Tom Yam oder Phat Thai erwartet.
Wohingegen er bei Blunzengröstel mit Kren (angebratenes Blutwurst-Kartoffel-Gemisch mit Merrettich), Vanillerostbraten (wie ein Zwiebelrostbraten nur mit Knoblauch drauf), Faschiertem Laibchen (Frikadelle/Bulette), Beuschel (Lunge) oder Stelze (Haxe) mit Erdäpfel-Vogerlsalat (Kartoffel-Feldsalat) vielleicht vor einer kleinen Herausforderung in der eigenen Sprachfamilie steht.

Leider hilft die Flucht ins Selberkochen auch nicht. Denn auf dem Markt muss er sich dann mit Paradeisern (Tomaten), Melanzani (Aubergine), Karfiol (Blumenkohl), Fisolen (Bohnen) oder Eierschwammerln (Pfifferlinge) rumschlagen. Beim Obst ist er meist genauso aufgeschmissen, so dass das Dessert auch nicht einfacher zum Einkaufen wird – weder auf dem Markt mit Ribisel (Johannisbeeren), Weichseln (Sauerkirschen), Kriecherl (Mirabellen) und Marillen (Aprikosen) noch in der Bäckerei mit Powidlgolatsche (Plunder mit Pflaumenmuß), Topfenstrudel (Quarkstrudel) und Mohnzelten (mit Mohn gefüllter Kartoffelteig aus dem Waldviertel).

riesige Tomaten

das kleine da unten ist tatsächlich ein normaler Haustürschlüssel

Auch am Wurststand macht der Österreicher dem vermeintlichen Parade-Land der Wurstkultur – also Deutschland – starke Konkurrenz. Allerdings muss man hier als Teutone schon wissen, was man denn gerne haben möchte. Burenwurst, Pusztawurst, Waldviertler, mit Pfefferoni und Salzgurke oder pur, mit Kren oder einem Estragonsenf, als Hot Dog oder mit einem Scherzerl Brot. Und wenn man dann auch Stufe 2 der Wiener Wurststandphiliosophie erfolgreich absolviert hat, kann man sich „a Eitrige mit an Schoafn, an Bugel  und an 16er-Blech“ bestellen – nämlich „eine Käsekrainer mit scharfem Senf, einem Brotanschnitt und einer Dose Ottakringer Bier“.

Immerhin freut man sich beim Heurigen oder in Wanderhütten im Herbst sogar über einen Sturm – das ist hier nämlich ein Federweißer. Aber auch schon vorher, wenn ab Frühjahr ausg‘steckt is‘ – also wenn der Buschenschank oder der Heurige im Frühjahr bis Sommer geöffnet sind – gibt’s leckere Sachen. Je nach Heurigem heißt ein Sommerspritzer – also ein Weißwein mit viel Mineralwasser – auch mal Badewanne oder Überschwemmung.
Da nehmen sie es also nicht so streng wie bei den angebotenen Speisen. Denn dass in einem Buschenschank ausschließlich bestimmte und dazu noch kalte Speisen angeboten werden dürfen, ist sogar in §10 Abs. 2 des Wiener Buschenschankgesetzes geregelt. Dafür braucht’s dann aber – wieder schön inkonsequent – noch nicht einmal eine Gastgewerbekonzession.

Bei den für Heurige typischen Aufstrichen traut man sich dann auch an karibische oder alkoholische Varianten. Der Phantasie ist keine Grenze gesetzt – auch nicht bei den Speisekarten, wo man auch ein „nackertes“ oder „mag kein Brot“ bestellen kann.

a nackertes Brot

wer „nix“ mag, zahlt auch nix

Politisch korrekt findet man inzwischen auf den Speisekarten einen „warmen Schokoladenkuchen mit Schlagobers“ statt des früheren Begriffs „Mohr im Hemd“. Wenn das Pipi Langstrumpfs Vater – der heutzutage in Südseekönig umgetaufte Efraim – wüsste… Aber den österreichischen Namen der in Deutschland als Langnese bekannten Eismarke „Eskimo“ haben sie komischerweise noch nicht in „Inuit“ umbenannt.

Somit kommen wir zu einem schönen Wiener Phänomen – der Inkonsequenz. Denn ein weiteres Beispiel der politischen Unkorrektheit findet man wohl auch bei einem Betrieb im Umland, der seine Waren wie andere Firmen auch in einem Zentrallager verwaltet. Leider ist der Name dieser Firma aus geschichtlicher Sicht aber nur mit etwas politischem Bauchgrummeln mit dem Wort Zentrallager zu kombinieren.

keine schöne Kombination

aus der Geschichte könnte man eigentlich auch mal lernen…

Das politische Bewusstsein drückt sein rechtes Auge also nicht nur in Wahlkampfzeiten gerne einmal zu. Wer zum Beispiel ein großes Öl-Gemälde vom Adolf über den Kamin hängen möchte, wird von Zeit zu Zeit sogar auf dem Flohmarkt des Wiener Naschmarkts fündig.
Aber auch die weltoffene Seite ist erkennbar, wenn man ein wenig aus dem Stadtzentrum herausgeht. Böse Zungen behaupten ja, dass Wien schon auf dem Balkan liegt. Manchmal liegt es aber in den zweistelligen Bezirken sogar noch ein paar Kilometer weiter südöstlich. Würde man nicht das Wörtchen „Eingang“ am Schaufenster des Trachtenmodengeschäfts erkennen können, würde man meinen, eher in Ankara als in Wien-Ottakring zu sein…

Sultan von Ottakring

der kleine Prinz von Ottakring

Nicht immer ist die Inkonsequenz politisch. So nimmt zum Beispiel das Dörfchen Laxenburg mit vollem Stolz am Programm „Blühendes Österreich“ teil. Die Umsetzung am Schlossplatz lässt mit einer Absenz jeglichen Grüns auf dem Schlossplatz allerdings ein wenig zu wünschen übrig.

blühendes Österreich in Laxenburg

da stehts schwarz auf weiß – bunt soll’s sein

Warum wohl die Kot-Beseitigung zum Wohle der Hunde und nicht dem Menschen zu liebe geschieht, ist auch noch zu ergründen…

dem Hund zu liebe?

Hau weg die Sch… – dem Hund zu liebe…?

Groß ist trotzdem klein – neuseeländische Städte auf der Nordinsel

Letztendlich ist es doch sehr gemütlich hier. Selbst in der größten Stadt des Landes läuft das Leben maximal auf den Regatten der Americas-Cup-Yachten, die im Hafen von Auckland liegen, hektisch ab. Ansonsten ist es sehr entspannt hier.

Aucklands Hafenlesestube

Lesestunde im Hafencontainer

Direkt neben den Rennyachten kann man im Hafen-Lesecontainer entspannen. Und auch sonst scheinen sie nicht so viel zu tun zu haben. Denn würde man sonst auf Idee kommen, eine Kirche auf Räder zu hieven, sie über die Straße zu fahren und sie dort wieder abzusetzen, nur weil sie dann so schön neben das neu gebaute Kirchengebäude passt…?

transferierte Kirche

Die Wander-Kirche von Auckland

Die Entspannung wird umso größer, je weiter man aufs Land kommt. In allen Kleinstädten ist es noch mal einen Zacken ruhiger – und das bedeutet, dass z. B. im Art Deco Städtchen Napier nach 17:00 Uhr kaum noch ein Laden geöffnet hat und auch zum Essen musst Du eine Weile laufen, bis Du ein offenes Restaurant findest. Wahrscheinlich wollen sie sich in Rotorua anpassen und schließen ihren Street Food Market schon um 21:00 Uhr. Spät essen soll ja auch gar nicht so gesund sein…

Selbst in der Hauptstadt Wellington findest Du nach Acht kaum noch was zu Essen, wenn Du nicht unbedingt zum Goldenen M oder seinem Pendant Buletten-König gehen willst. Und das wo es durchaus schöne und stilvolle Cafés und Kneipen gibt, die nur leider viel zu früh dicht machen. Dabei passen sie so schön zum Stil der Stadt als neuseeländische Kulturmetropole.

Café im Hafen von Wellington

Macchiato e Macchina

Etwas andere Kaffeehauskultur kann man mitten im Hafen auf dem Dock erleben, wo die Gabelstapler um Dich rum fahren. Wenn denn mal einer fährt, denn auch der Hafen der neuseeländischen Hauptstadt ist äußerst entspannt und zieht eher plantschende Jungs und Drachenboote an. Im Te Papa Tongarewa – dem neuseeländischen Nationalmuseum – sieht man neben toller Kunst und der Geschichte Neuseelands, auch die aktive Seite Neuseelands. Zumindest die der Natur, denn hier wird man ordentlich durchgerüttelt. Nachdem die Erdbeben ja ein wesentlicher und sehr häufig vorkommender Bestandteil des neuseeländischen Lebens sind, haben sie für die Zeit ohne ein Beben ein Häuschen gebaut, in dem ein Erdbeben simuliert wird. Falls der geneigte Tourist eines der 15.000 Erdbeben im Jahr verpasst haben sollte, kann er hier eines spüren und rundherum interaktiv lernen, wie das alles zustande kommt. Tolles Museum.

Deutsches Brauchtum in Brisbane

Hätte mir vor der Reise jemand gesagt, dass Cricket – obwohl ein Spiel über fünf Tage gehen und trotzdem letztendlich unentschieden enden kann – Spaß macht, hätte ich ihn wahrscheinlich auch für das nächste Kombinationsturnier aus Schach und Hallenhalma angemeldet. Aber ich muss meine Meinung revidieren.

Und das liegt nicht nur an den guten Doppelbock-Bieren aus der Fränkischen Schweiz oder dem Bamberger Aecht Schlenkerla, die man vor dem Spiel gegenüber vom Stadion im Deutschen Turnverein von Brisbane bekommt. Frisch, fromm, fröhlich, frei genießt man hier unter Gedenktafeln der Volkstanzgruppe Alpenrose, sonstigen Turnvater-Jahn-Wappen, Urkunden und Karnevals-Sitzungs-Bildern originale Biere aus Weißenohe, Weltenburg & Co oder auch ein australisches Kölsch – was sie aber doch den Kölnern überlassen sollten.

Volkstanz in Australien

Brauchtum ohne Grenzen seit 1883

Und dann ab ins Stadion, wo es im Gegensatz zu den fünftägigen Test-Matches eher zugeht wie im US-amerikanischen Basketball- oder Eishockeystadion. In letzteres fühlt man sich versetzt, wenn man schnell von der Tribüne geht, um im runtergekühlten Restaurantbereich Bier-Nachschub zu holen. Pyrotechnik, leicht bekleidete Tänzerinnen und ein komisches Maskottchen treiben traditionellen Cricket-Fans beim Big-Bash-Spektakel wahrscheinlich Tränen in die Augen.

Cricket in Brisbane

Cricket-Spektakel beim Big Bash

Die Tränen der großen Flut sind inzwischen getrocknet, aber die Schäden und die Erinnerung daran sind in Brisbane und im Hinterland noch allgegenwärtig. Eine unglaubliche Katastrophe damals.

Stadtstrand in Brisbane

Stadtstrand mit BayWatch Lebensrettern

Aber manchmal holen sie sich das Wasser auch ganz bewusst ans Land. Auf dem ehemaligen Expo-Gelände South Bank haben sie Stadtstrände und Beachclubs direkt am Flussufer, die jeden deutschen Großstadt-Beach-Club zu kleinen Sandkisten macht. Denn hier darf man rund um die Uhr schwimmen gehen, wobei man nachts auf den Rettungsschwimmer verzichten muss. Ob der vor diesem gefährlichen Hai retten könnte, ist natürlich fraglich.

Haie in Brisbane

kleine Haie

Vielleicht hat sich der Kleine das auch nur aus einer der zahlreichen Museen und Galerien gemopst. Da hat er dann unter Umständen den Begriff „Kunst ist frei“ falsch verstanden. Denn hier zahlt man für den Besuch im Museum nichts. Fantastischer Service am Bürger.

Barbie, Beer and Bondi… und noch viel mehr in Sydney

Der Australier liebt seinen Barbie. Ja richtig – seineN. Nämlich den BBQ. Der ersetzt auch gerne mal für ein paar Monate beim Hausumbau die fehlende Küche. Eigentlich braucht man auch keine Küche, denn auf dem Grill kann man alles sehr lecker herzaubern. Sogar traditionelle deutsche Weihnachtsgerichte wie die Weihnachtsgans werden perfekt. Nicht fehlen darf daneben ein Stubbie, eine kleine Flasche Bier. Was braucht man(n) mehr. Vielleicht nur das Meer und viel Geld…

Sydney ist unglaublich reich. Nicht nur finanziell, sondern auch reichlich mit perfekten Stränden gesegnet.

Weihnachtssurfer am Bondi Beach

Weihnachtsmänner reiten nicht nur auf Rentieren

Nicht nur der berühmte Bondi Beach, an dem sogar Weihnachtsmänner surfen gehen, sondern enorm viele andere, die mit den so genannten Traumstränden auf Mauritius locker mithalten können. Zumindest gibt’s hier mehr zu sehen, man kann mitten in der Stadt schnorcheln, hinter Hainetzen den Blick auf die Skyline genießen oder Teil der Reality-TV-Sendung der Lebensretter von Bondi werden.

Bondi Rescue

Kamera ready to go – jetzt muss nur noch einer in Not kommen

Das tun anscheinend leider recht viele Deutsche, die unser Image in der Welt mit dummen Entschuldigungen wie „Ich wusste nicht, dass man im Bereich zwischen den Flaggen schwimmen muss“ nicht gerade aufpolieren. So werden sie dann eben von den Lebensrettern rausgezogen und avancieren zu Fernsehstars einer der beliebtesten Doku-Soaps Australiens.

Immerhin hatten sie dann Glück, gerettet zu werden. Vielleicht hatten sie sich ja vorher in The Rocks die australische Version der glücksbringenden Hasenpfote besorgt. Hier wird nämlich auf Schildern ganz groß angepriesen, dass Känguru-Hoden doppelt so viel Glück bringen wie eine Hasenpfote.

australisches Rumkugeln

outdoor-Kegeln mit Blick auf den Ozean

 

Andere deutsche Sportler müssten sich hier auch ein wenig umgewöhnen. Im Bowling Club spielt man Outdoor, kann nebenan grillen und die Kugeln lassen manchen deutschen Profi-Kegler zweifeln, ob er beim Grillen nicht ein bisschen zu viele Stubbies hatte oder ob die Welt Down Under doch ein bisschen schräg steht. Die Kugeln haben durch ein seitlich gelagertes Gewicht mächtig Schräglage und rollen bewusst etwas krumm und anders.

politisch korrektes Eis

da bleiben die australischen Traditionalisten eiskalt

 

 

Anders ist auch der Umgang mit Namen und Traditionen. Während in Österreich diskutiert wird, ob man Eskimo Eis nicht langsam mal politisch korrekt z. B. in Langnese umbenennen müsste, heißt hier eine Sorte Eis der gleichen Firma schon seit Jahrzehnten Golden Gaytime. Vielleicht gleichen sie mit dem Festhalten an dieser Tradition mangelndes Traditionsbewusstsein auf historischem Gebiet aus. Dort in Kurnell, wo Captain Cook und seine Crew 1770 zum ersten Mal australischen Boden betraten, haben sie zwar einen schmucklosen Gedenkstein und einen Obelisken hingestellt. Es hat sie aber nicht daran gehindert, ringsum eine Ölraffinerie, eine Wasserentsalzungsanlage und ein Stückchen weiter in den Mangrovengesäumten Sanddünen eine Mülldeponie zu erreichten.

Wenigstens halten sie an der Tradition des Weihnachtsbaums fest, der zwar neben der Palme und einem Straßenmusikanten in Badeshorts für deutsche Augen ein bisschen deplatziert wirkt, aber sich trotzdem – vergebens – bemüht, ein bisschen Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen.

Weihnachten mit Straßenmusikant

Bei 35 Grad unterm Weihnachtsbaum

Umso mehr Stimmung kommt an Silvester im Hafen auf. Eine Parade mit beleuchteten Schiffen, ein 9-Uhr-Feurwerk für die Kinder, eins für einfach mal so zwischendrin um halb elf und dann zum Jahreswechsel das fantastische Feuerwerk rund um Oper und Harbour Bridge. Vielleicht eines der Dinge, die man mal gesehen haben muss.

Feuerwerk im Sydney Harbour

so kann das neue Jahr gern kommen…

Delhi und Taj Mahal – nur einen Augenblick entfernt

In Deutschland würde man sich kaum an einem Tag insgesamt acht Stunden in den Zug setzen, um dann für ein paar Stündchen ein großes Mausoleum anzuschauen.

Taj Mahal

passt auch in ein Türchen

Hier ist es ein normaler Tagesausflug, da Du gewohnt bist, Dich für mehrere Stunden in vollen und lauten Zügen rumzutreiben. Und nachdem jeder unterwegs meinte, Agra lohne sich nicht zur Übernachtung, bin ich halt gleich nach Delhi gefahren.

Aus der Wüste kommend, trifft Dich Delhi wie ein Hammerschlag. Warst Du vorher nur Kamele und Ziegen und ein paar Menschen gewohnt, findest Du hier unendlich viele – meistens Dir irgendwas andrehen wollende – Menschen. Noch nicht mal Kühe wie sonst in Indien, denn die haben sie hier aus dem Stadtzentrum verbannt. Wahrscheinlich, damit Dir die Händler und Rikshawfahrer ohne „Rindernisse“ auf die Pelle rücken können. Zumindest in der Theorie lernen sie sogar, dass man sich gesittet anstellen soll: Das Schild besagt, dass man Verletzungen vermeiden kann, wenn man sich anständig hintereinander in den Bus begibt.

Regeln für die Bus-Schlange

brav anstellen und du bleibst gesund

Ich glaube, keiner der 1,3 Milliarden Inder hat jemals dieses Schild gesehen. Womöglich, weil es vor einem Verkehrsübungsplatz (!) steht. Eine solche Erfindung finden Inder wahrscheinlich noch absurder, als die Vorstellung, dass jemals eine Kuh mit einer ihrer neulich gestarteten Marsraketen auf eben diesem Planeten landen könnte.

Früh morgens um 5:45 habe ich dann doch eine illegale Kuh in den Straßen von Delhi gesehen, als ich mich auf den Weg nach Agra gemacht habe. Wenn Du das völlig überteuerte Ausländerticket kaufst, bekommst Du immerhin einen halben Liter Wasser und Schuh-Überzieher geschenkt – und darfst an den Schlangen der Inder vorbei zum Sicherheitscheck und ins Taj Mahal selbst.

Regeln für die Bus-Schlange

o.k., die Schlange war drinnen – aber einfach schöner als die draußen

Immerhin hat hier mal einer intensiv in meinen Rucksack geschaut. Nicht so, wie in Jodhpur als ich meinen Rucksack zur Kontrolle abgegeben hatte und erstaunt feststellen musste, dass sie nicht reinschaute, sondern den Flughafen-Hand-Metall-Detektor draußen dran hielten und mir den Rucksack nach ordentlichem Piepsen wiedergaben. Sprengstoffsuche auf indisch… So wie eigentlich 98% aller Security-Checks ablaufen. Aber man hat ja kontrolliert – und zwar überall.

Auch bei der U-Bahn wird in Delhi fleißig das Piepsen ignoriert und auf den Röntgen-Bildschirmen schauen sie sich wahrscheinlich Bollywood-Filme an. Denn auch hier machen die Kontrollen wenig Sinn, denn zumindest Messer, Flüssigkeiten und sonstiges werden ignoriert. Aber dafür darf man in der U-Bahn von Delhi kein Gepäck über 15kg mitnehmen… Das gilt glücklicherweise nicht für die nagelneue Express-Bahn zum Flughafen. Beeilen muss man sich nicht zu seinem Flieger. Denn ins Flughafen-Gebäude darfst Du erst drei Stunden vor Deinem Flug rein. Und von der Warte-Lounge kommst Du mit einem Aufzug ins Nichts: Tür geht auf und die einzige Tür, in die man gehen könnte, ist mit Zahlencode gesichert. Blöd, wenn man eigentlich dringend aufs Klo muss. Einfach wieder hoch, den Nachbar-Aufzug nehmen und siehe da – man kommt zu den Restaurants. Wichtig: zum Pinkeln Deinen Pass mitnehmen, sonst kommst Du nicht wieder zu Deinem Gepäck in der Warte-Lounge zurück. Das nehmen sie dann wieder sehr ernst…

Und hier einfach zum Abschluss von Indien noch ein schönes Bild, das hier zwar nicht her passt, aber was mal wieder zeigt, dass kaum einer hier deutsch versteht. Sonst würde dieses Hotel wohl kaum so heißen. Zumindest hält sich wahrscheinlich die deutschsprachige Gästezahl in sehr überschaubaren Grenzen.

Hotel Viren in Delhi

viele Mitschläfer in Deinem Zimmer…?

Die bunten Städte Rajasthans – und der größte Kamelmarkt

Galerie

Diese Galerie enthält 20 Fotos.

Ob weiß, blau, pink oder gold. In Rajasthan bekommt jede Stadt seine Farbe. Udaipur ist z. B. weiß. Vielleicht wegen des Luxushotels, zu dem man seit den Anschlägen von Mumbai als Nicht-Gast nicht mehr kommt. Und das, wo man so … Weiterlesen

Von vor Christus über die Kolonialzeit ins moderne Indien: Ajanta & Ellora – Mumbai – Ahmedabad

In Indien braucht man keine Zeitmaschine – es ist eine selbige. In kürzester Zeit kann man vom vorchristlichen Leben in religiösen Höhlen durchs tiefste Mittelalter und die britische Kolonialzeit in das moderne Indien reisen.

Wenn man dies in Touren des Indischen Tourismusbüros tut, reist man während der Diwali-Ferien ausschließlich mit indischen Touristen im Bus. Die schauen erstmal skeptisch, was denn der weiße Mann in dem Bus zu suchen hat. Nachdem sich dann einer getraut hat, mit ihm zu sprechen, wollen das alle tun. Natürlich fängt das mit der für Inder wichtigsten – und oftmals einzigen – Frage an: „Which country?“. O.k., manchmal bekommt man die Langform „Which country are you from?“ und eine Bonusfrage wie „Where is your wife?“ oder „What profession?“, aber in der Regel beschränkt sich das auf die zwei Worte „Welches Land“.

Ellora Höhle Nr. 10

Ellora – drei Religionen friedlich vereint

In den faszinierenden – in der Zeit um Christi Geburt nur mit Hammer und Meißel sowie der sprengenden Kraft eines mit Wasser begossenen und von der Sonne beschienenen Holzkeils aus dem Fels „gesprengten“ – Höhlen von Ajanta und Ellora kam ich kaum dazu, die Wandmalereien und –schnitzereien anzuschauen, weil ständig jemand irgendwas wissen wollte, weil er gerade Mut geschöpft hatte, mich anzusprechen. Dabei sind die Überreste der Malereien in Ajanta und vor allem die spektakulären z. T. dreistöckigen Höhlen von Ellora, die nacheinander von Buddhisten, Hinduisten und Jainisten als Klöster und Tempel genutzt wurden, wirklich wert, in Ruhe und mit ein bisschen mehr Tiefgang angeschaut zu werden. Aber immer freundlich bleiben und brav antworten. Immerhin kam ich auf der Rückfahrt so zu einem zwölfjährigen WhatsApp-Freund, der mich auch im nächsten Land noch fragt „Where are you now?“. Mal schauen, wie lang sein Atem ist.

Ellora - ganze Arbeit

alles aus einem Felsen rausgehauen…

Mittelalter findest Du eigentlich überall in Indien – noch heute leben viele Menschen in Lehmhütten mit Palm- oder Strohdächern mit dem Vieh davor oder auch in der Hütte. Erinnert einen an die Mittelalter-Romane wie Tod und Teufel in Köln oder Säulen der Erde. In Aurangabad hat man das dann auch in faszinierender Technik. Eine Wasserfontäne, die komplett ohne Strom oder sonstigen Pumpenantrieb nur mit Wasserkraft auf verschiedenen Druck-Ebenen auskommt.

Mumbai CST

Ticketschalter im Kathedralen-Bahnhof

Von da aus bin ich dann ins British Empire gereist. Überall in Mumbai findest Du tolle Viktorianische Gebäude – sogar im Hauptbahnhof sieht’s aus als ob Du in einer Kathedrale wärst.

Stretch-Schubkarre in Mumbai

Stretch-Schubkarre

Würden nicht gelegentlich Männer mit ewig langen (Mittelalter-)Schubkarren vorbeikommen oder wieder mal eine Kuh im Weg stehen, könnte man teilweise meinen, man wäre in London. Wobei dort auch eine Menge Frauen in bunten Saris rumlaufen… Alles in allem – und da erklären mich manche hier für verrückt – war Mumbai aber sogar recht entspannt. Vielleicht liegt’s dran, dass sie die ewig hupenden Auto-Rikshaws aus dem Stadtzentrum verbannt haben und sich außer Kühen und Hunden keine weiteren Vierbeiner auf den Straßen rumtreiben.

Achtung Elefant auf der Fahrbahn

Elefant bei Bergungsarbeiten auf der linken Spur

Das sieht in Ahmedabad schon ganz anders aus. In der modernen Großstadt – wo ich nur war, um meine webseiten-erstellenden Ex-Kollegen besucht habe – begegnest Du im Straßenverkehr schon mal einem Arbeitselefanten, der sich selbst Äste auflädt, oder schnell von links kommende Kamel-Kutschen. Das ist schon ein gewöhnungsbedürftiges Bild in einer Stadt, die die viertgrößte Stadt des Landes ist, sieben Universitäten hat und als eines der kommenden Zentren für IT-Entwicklung gilt. Hätte sich Gandhi wahrscheinlich auch nicht träumen lassen, als er damals seinen berühmten Salzmarsch von seinem Ashram hier startete. Der Ashram ist eine wunderbare Oase der Ruhe in einer doch recht hektischen Stadt.

Sabarmati-Ashram

Gandhi bringt nichts aus der Ruhe

Modern ist auch der Tempel-Komplex Akshardham der Swaminarayan-Sekte in Ahmedabads Nachbarstädtchen Gandhinagar. Hier haben sie eine gerade mal 20 Jahre alte Tempel-Anlage hingestellt – mitsamt Haaren und Fingernägelchen des Lord Swaminarayan, der mit elf Jahren auszog, um Erleuchtung zu finden. Das mit der Erleuchtung haben sie dann modern interpretiert und bieten jeden Abend eine auf Wasserfontänen und –vorhänge projizierte Laser- und Videoshow zu zeigen.

Um hier die Zukunft auch noch abzudecken, ein Nachtrag zu Aurangabad: Dort war ein Kino neben meinem Hotel und da dachte ich mir „Auch wenn ich nix verstehe, gehe ich doch mal ins Kino“. Der einzige Film, der lief und zudem brandneu in die Kinos kam (auch wenn ich ihn nur eine Woche später im Bus noch mal gesehen habe), war ein Superhelden-Film namens Krrish 3. Die 3 stand für den dritten Film, hätte aber auch für die Rollen des Hauptdarstellers stehen können. Denn er hat nicht nur sich (Krish), sondern auch sein Alter Ego (Krishna) und dessen Vater (Papa) gespielt. Fantastisch, diese Inder: In einen Film wie Superman – so mit zivilem Menschen, der sich in einen Helden verwandelt, um abstürzende Flugzeuge zu retten usw. – schaffen sie es tatsächlich, zwei Bollywood-Massentanz-Szenen reinzubauen, während ein Bösewicht erst Namibia und dann Mumbai mit einem tödlichen Virus auslöscht. Superman trifft Grease!

Kulturschock in Varanasi – herzlich willkommen in Indien!

Nachdem ich in einem sinnlos langen dreistufigen Prozess nach einer guten Woche und drei Besuchen bei der Visumsstelle in Kathmandu endlich das Visum in den Händen hielt, konnte ich mich auf den Weg machen. Dass sie dann an der Grenze auch noch einmal richtig lange brauchen, um einen Stempel reinzuhauen, liegt wahrscheinlich daran, dass in Indien jeder irgendwem zuarbeitet. In diesem Fall wahrscheinlich die Grenzer den Jungs, die Dir draußen einen privaten Jeep von der Grenze nach Varanasi oder Gorakhpur verkaufen wollen.

Was in der Tat eine gute Idee ist, wenn man die staatlichen Busse sieht, die sich auf eine angeblich zehnstündige Reise nach Varanasi machen und vielleicht sogar ankommen. Da ich das nicht überprüfen wollte, habe ich mit einem Deutsch-Mexikaner und einigen Israelis einen Jeep gemietet. Die versprochenen sechs Stunden wurden leicht zu zehn Stunden – nicht auszudenken, was aus den versprochenen zehn Stunden im staatlichen Bus wurde… Um wach zu bleiben zogen sich der Fahrer und sein Adjutant, der die meiste Zeit zwischen dem Fahrer und mir auf einem auf die Handbremse gelegten Schlafsack saß, Bethelnuss-Tabak-Gemisch rein. Da war es wieder – das Paan. Und hier futtern sie das Zeug fast noch mehr als in Myanmar.

Kohlebügeleisen

Mit heißen Kohlen gebügelt

Mit einer Slalomfahrt durch auf Deiner Spur entgegenkommende Laster und Busse, vorbei an Unmengen von Straßenkühen und überfahrenen Hunden und eingehüllt in Staub und gebeutelt von Schlaglöchern kommst Du nach einer Fahrt durch z. T. mittelalterliche Szenerien in ärmsten Gegenden dann in Varanasi an und kriegst die volle Dröhnung Indien ab. Totales Verkehrschaos, die untergehende Sonne im Smog kaum zu sehen, keine Ahnung von der Stadt habende Fahrer und unglaublicher Gestank mit einer Mischung aus Müll und Kuhscheiße erwarten den Neuankömmling in dieser Stadt.

Wenigstens mischt sich kein Verwesungs- oder Leichenverbrennungsgeruch darunter, obwohl Varanasi die Stadt ist, in die die Sterbenden kommen, um hier aus dem Leben zu scheiden. Wer es nicht ganz geschafft hat, wird von seinen Angehörigen hierher gebracht. Denn als Hindu möchtest Du Deines Seelenfriedens zuliebe als Asche im Ganges landen. Und so sieht die Stadt auch aus. Viele Menschen siechen dahin und fast im Minutentakt werden nachmittags Leichen durch die Straße zu den Verbrennungsstätten am Fluss getragen. Insgesamt 400 Verbrennungen gibt es pro Tag.

Verbrennungs-Ghat in Varanasi

genug Holz – und natürlich Kühe – gibts am Verbrennungs-Ghat

Die Bahren mit den Leichen werden erst einmal im Ganges gewaschen, dann auf den Treppen – den Ghats – zum Trocknen abgelegt und anschließend auf die zwischenzeitlich aufgeschichteten Scheiterhaufen gelegt. Nachdem eines der männlichen Familienmitglieder – Frauen sind bei den Verbrennungen nicht zugelassen – das Feuer an einem 3.500 Jahre alten nie verlöschenden heiligen Feuer geholt hat und die Leiche angezündet hat, werden den Männern als Zeichen der Trauer die Haare bis auf ein kleines Büschelchen abrasiert.
In der Zwischenzeit verbrennen die Leichen – leider nicht immer vollständig. Vor allem männliche Brustkörbe und gebärfreudige weibliche Becken nicht. Die Reste davon werden dann einfach in den Ganges geworfen. Gänzlich unverbrannt werden mit einem Stein die Körper von Kindern, Schwangeren, Priestern, Leprakranken und von durch Kobrabisse getöteten Menschen im Ganges versenkt. In dieser ganzen Brühe machen die Menschen dann ihre rituellen Waschungen und jetzt kommt das Absurde: Ich habe eine Deutsche in wallenden Gewändern getroffen, die wie manch anderer Tourist auch, durch den Fluss geschwommen ist!
Freiwillig und nicht so wie die besondere Berufsgruppe der Goldwäscher, die direkt nachdem die Asche in den Fluss gefegt wird, mit großen Schürfschüsseln nach Ohr-, Nasen- und sonstigen Ringen schürfen.
Die Bootsfahrt, bei der es Dir passieren kann, dass dir einige Leichenteile oder gleich ganze Leichen – deren Seile in der Mitte des Flusses gerissen sind – entgegen kommen, habe ich mir dann gespart.

Die Menschen werden entsprechend Ihrer Kasten auf verschiedenen Terrassen verbrannt. Lustig wiederum ist, dass egal auf welcher Ebene die Scheiterhaufen liegen, stehen überall dazwischen Kühe rum.

Müll-Kuh in Varanasi

zwischen Kuh und Wand passt immer noch ein Mensch … und viel Müll

Das Klischee von Indien verfolgt die Inder also auch bis in den Tod. Und davor erleben die meisten Inder die Kühe hautnah – entweder sich in den engen Gassen dran vorbeiquetschend oder barfuß durch die Hinterlassenschaften wandelnd. Der viele Müll und Mist in den Straßen ist unglaublich – und gibt eine Duftnote, die man so schnell nicht vergisst. Ebenso wenig wie die Armut der Menschen, die ich niemals zuvor so krass gesehen habe. Demnächst wird es hier auch wieder heiterer, aber die „Totenstadt“ Varanasi lässt für die anderen Absurditäten des Reisens keinen Platz.

Kathmandu – das Wusel-Zentrum Nepals

Kommt man aus dem wohlorganisierten Japan, bekommt man am Flughafen Kathmandu erst einmal die volle Ladung asiatischer Gelassenheit und Ineffizienz ins Gesicht. O.K., beim Aussteigen aus dem Flieger kann man noch mal ein Auge zudrücken, dass der Bus erst 20 Minuten später auftaucht und einen dann dorthin um die Ecke des nächsten Gebäudes bringt, wohin man in ca. 3 Minuten gelaufen wäre. Aber sie achten hier doch noch auf geordnetes Aus- und Einsteigen – nicht so wie am Low Cost Carrier Terminal in Kuala Lumpur, wo man einfach die Fluggäste mehrerer „Gates“ auf einmal auf das Vorfeld strömen lässt und sich die Menschen aller verschiedenen Maschinen mixen. Da muss man genau nachfragen, in welche man denn gerade einsteigt…

Aber zurück nach Kathmandu, wo man nach einer kleinen Rundfahrt um den Flieger dann zum Immigrations-Gebäude kommt. Dort heißt es erstmal Schlange stehen. Dann bemerkst Du, dass sich was vor und zurück bewegt. Das sind die Leute, die kapiert haben, dass man seine Visums-Gebühr bei dem Mann am ersten Schalter bezahlten muss. Der schreibt bis zum Unterarmkrampf Quittungen aus und schickt die Leute zurück in die Schlange. Wer nun denkt „so, das Nadelöhr mit nur einem Mann habe ich jetzt hinter mir“, sieht sich getäuscht. Denn auch wenn drei Mann am nächsten Schalter sitzen, bedeutet das nicht, dass drei Passagiere auf einmal abgefertigt werden und somit alles schneller geht.

Nein, nicht wie in anderen Ländern, wo Dein Pass gescannt wird und der gleiche Beamte einen Stempel reinhaut, weil Du Deine Gebühr ja schon bezahlt hast… Hier legt der erste Mann den Pass sorgfältig auf den Scanner und gibt ihn dann nach ein paar Minuten weiter an seinen Nachbarn. Der schaut sich ALLE freien Seiten Deines Passes von vorne nach hinten genau an, um dann das Gleiche noch mal von hinten nach vorne zu machen. Dann landet er praktischerweise wieder bei der ersten freien Seite und klebt sorgfältig das Visum ein. Anschließend gibt er den Pass an seinen Nachbarn – und wenn nicht gerade eine Chai-Tee-Pause ist – schreibt der dann noch mal die Passnummer des Passes, in dem das Visum jetzt klebt, auf das Visum. Dann darf man endlich raus zu seinem Gepäck, was neben irgendeinem – schon lange abgestellten – Gepäckband liegt. Das liegt leider schon so lange rum, dass auch keine Anzeige mehr anzeigt, welches Band ursprünglich mal Deins war. Also heißt es suchen. Herrlich, nach zwei Stunden ist man schon durch und kann ins Gewusel der schreienden Taxifahrer.

Einer dieser Taxifahrer bringt den Durchschnittstouristen dann meistens in den Stadtteil Thamel, der hauptsächlich aus Outdoor-Ausrüstungs-Läden, Restaurants, Souvenirshops und Trekking-Reiseagenturen besteht. Mit entsprechenden Aufreißer-Typen vor der Tür. Generell bietet Dir eigentlich jeder auf der Straße was an: Wenn’s nichts zum Rauchen ist, wollen sie Dir Trekkings in den Himalaya verticken. Manchmal auch beides – und das, wo die Cannabispflanzen in den Bergdörfern doch sowieso am Straßenrand stehen…

Die Polizei interessiert das recht wenig, obwohl Marihuana, außer an einem Tag im Jahr wo sie sich aus medizinischen Gründen – dafür ist es nämlich erlaubt – alle zusammen die Rübe weghauen, vor ein paar Jahren als illegal erklärt wurde. Aber die Polizisten haben auch so genug zu tun. Verkehr beobachten und Umarmungen geben. Es ist mir nämlich tatsächlich zum ersten Mal in meinem Leben passiert, dass mich ein Polizist einfach aus Interesse ausgefragt hat, mir ungefragt von seinen Dienstjahren bei der Polizei erzählt hatte – und mich dann zum Abschied umarmt hat! Das nenne ich mal einen starken Arm des Gesetzes…!

Hätte er mal lieber, wie vorgesehen, den Verkehr geregelt. Denn der ist in der Regel ziemlich chaotisch, weil jeder fährt wie er will und die Motorräder zusätzlich alles verstopfen. Manchmal kommt man nicht durch das Gewühl, aber ausnahmsweise nicht wegen der Autos und Motorräder, die wild hupend Platz schaffen wollen, sondern wegen plötzlichen Menschenmassen. Nämlich, wenn die Newar-Bevölkerung zusätzlich zum allgemeinen Straßenchaos wieder eine Prozession durch ihr Stadtviertel macht.

Fußkühlung in Kathmandu

Füße on the rocks

Da laufen sie – unterstützt durch Verpflegungsstationen mit Wasser und Säften sowie Ständen mit Obst und Keksen – ALLE Straßen ihres Stadtteils ab. Bei der Vollmondprozession, die ich erleben durfte, liefen 175.000 Menschen sogar die ganze Nacht durch. Und das, wo doch die Füße schon am Nachmittag glühten. Da half auch die Rast im Affentempel nichts, wo das ganze Areal feinsäuberlich in kleine Pausenparzellen aufgeteilt war und jeder Haushalt eine Ruhezone zugeteilt bekam.

Gebetsmühle mit Frau

gebetsmühlenartig wiederholter Gang um die Stupa in Boudha

Dass es in einem buddhistischen Tempel auch ruhiger zugehen kann, hatte ich beim Samstags-Gespräch eines Abts erlebt, zu dem ich freundlicherweise von einer Freundin einer Freundin eingeladen war. Viel moderner als man denkt, geht’s da zu. Irgendwann hat er sich ein iPad reichen lassen und in Facebook die Bilder seines wiederaufgebauten Kindheits-Klosters in Tibet angeschaut. Da lächelte er dann noch ein bisschen versonnener. Etwas ungewöhnlicher Anblick, so ein Mönch in weinrot-orangener Robe und kahlgeschorenem Kopf, der über den Rand seiner Dalai-Lama-Brille schaut und auf einem iPad rumwischt…

Deutlich traditioneller geht’s da beim Abendessen bei einer Nepalesischen Familie zu, bei der ich eingeladen war. Im Wohnzimmer saß dann auch die 93-jährige Oma und mümmelte ein paar Chips. Auf die Frage, ob sie mich denn nichts fragen wolle, sagte sie „warum denn, ich kenne den doch gar nicht“… Die Männer des Hauses – Vater und Opa, ein ehemaliger Gurkha-Krieger, – schauten auch kurz vorbei und verschwanden gleich wieder. Denn hier arbeiten nur die Frauen.
Nach ein paar kleinen Snacks und getrocknetem Büffelfleisch gab’s schon den ersten Hirseschnaps. Die machen hier wirklich aus allem Schnaps und Wein. Beim Wandern mit den beiden Jungs hatten wir z. B. Weizenwein getrunken. Danach gab’s den Hirseschnaps erhitzt, was den Geschmack noch ein bisschen hervorhob und auch ordentlich reinknallte. Drin waren in Honig geröstete Reiskörner, die den scharfen Geschmack wenigstens etwas abmildern sollen.
Dann gab’s Hühnchenstückchen und anschließend ein Tellerchen mit Spinatblättern. Als ich meinte, dass ich dann bald schon satt sei vor lauter Snacks, meinten sie, das ginge nicht, denn gleich gäbe es das Ganze noch mal komplett auf einem Teller mit Reis und Kartoffeln. Und der Gast müsse zuerst seinen Teller aufessen, bevor dann die kochende Mutter und ihre Schwiegertochter essen dürften. Puuh, da habe ich ganz schön reingehauen, damit die Armen dann auch was essen konnten. Ich hatte letztlich auch Löffel und Gabel zur Hilfe genommen, nachdem ich es auf Anregung der Jungs erst traditionell wie sie mit den Fingern versucht hatte, mich aber anscheinend zu dämlich angestellt hatte und sie meinten, ich solle doch Besteck nehmen… Und ganz froh, war ich, dass es keine Ziege zum Abendessen gab, auch wenn sie noch so „hygienisch“ verkauft wird…

Ziegenkopf

… und ihre Brüder und Schwestern standen noch lebendig daneben…

Ganz langsam und mühsam ist es in Nepal auch mit dem Internet. Daher kommt hier jetzt eine Galerie, die ich nach und nach mit Bildern bestücke. Es dauert ewig sie hochzuladen, weil in Nepal ständig das Internet wegbricht, der Strom ausfällt oder alles gleichzeitig passiert. Daher kommen alle Berichte aus Nepal erst jetzt aus Indien.

Kyoto – ich bin dann mal ausgetempelt

Fragt man alle möglichen Leute nach Tipps für Japan, kommt als erstes immer „Kyoto“. Und das zu Recht! Ist schon eine coole Stadt, die ausnahmsweise mal nicht nur aus Beton besteht, sondern auch aus ganz viel Holz. Nämlich aus gaaaanz vielen Tempeln und Schreinen. Habe ich in Seoul noch nach Kultur gelechtzt, bin ich jetzt „ausgetempelt“. Viele lasse ich nur noch links liegen. Denn nicht nur in Kyoto findet man sie überall, auch in Nara, in Himeji oder in allen anderen Städten. Trotzdem hier mal ein Bild von einem schönen großen Eingangstor – nicht dem Tempel an sich.

Tempeltor

Ein Einstieg in die Welt der Tempel

Kyoto hat allerdings auch anderes zu bieten – und meistens dann von dem auch ganz viel. Man denkt bei dem Namen der Stadt natürlich gleich an das berühmte Protokoll und somit an die Umwelt. Paradoxerweise bekommt man ausgerechnet in Kyoto noch mehr Plastiktüten als im Rest von Japan. Wenn man beim Einkaufen nur eine Sekunde nicht aufpasst, hat man schon wieder mindestens eine mit einem freundlichen Lächeln überreicht bekommen. Meistens ist es sogar nach dem guten alten russischen Matrjoschka-Holzpuppen-Prinzip: man öffnet eine nach der anderen bis man endlich zum Kern kommt.

Eine nach der anderen öffnet man übrigens auch Türen von Bars in Kyoto oder Hiroshima. Bars sind nicht nur im Erdgeschoss oder Keller zu finden, sondern auf jedem Stockwerk. Einfach die Treppen hochgehen, alle Türen mal aufmachen und reinschauen – man kann faszinierende Bars entdecken. In Kyoto sind sie in der Straße am Fluss aber auch ebenerdig nebeneinander in einer solchen Menge zu finden, wie ich es bislang auf dieser Länge in noch keiner Stadt gesehen habe. Immer wieder mischt sich dann ein Laden dazwischen, wo freizügige Fotos auf andere Dienste als Alkoholausschank in den verschiedenen Stockwerken hindeuten. In den Gassen sieht man dann auch echte Geishas – die nach ihrer fünfjährigen Ausbildung mitnichten irgendwas mit Prostitution am Hut haben – zu ihren Terminen huschen. Nicht zu verwechseln mit irgendwelchen Damen im Kimono und Holzschlappen.

Damen im Kimono

traditionell gekleidet bei den traditionellen Waschungen

Kimono und Holzschlappen scheinen aber beim Sightseeing verdammt „in“ zu sein. In den Tempeln tummeln sich jede Menge Japanerinnen und auch mancher Mann im Kimono.

Junior-Sumo-Ringer

Junior-Sumo-Ringer

Um aber wieder zu dem Begriff „viel“ zurückzukommen: Viele Buchstaben reihen sie auch hier aneinander, was fremden Autofahrern in der Stadt das Lesen der Straßenschilder auf die Schnelle etwas schwieriger macht.

Straßenschild in Kyoto

da soll sich nochmal einer über lange deutsche Namen beschweren…

Wenigstens helfen dann die vielen Parkhaus-Laserschwert-Winker den Verkehr zu regeln. Man bemerke, dass vor einer Parkhaus-Ausfahrt gerne auch sechs dieser japanischen ABM-Kräfte (s. auch der Baustellen-Polizist im vorherigen Eintrag) in perfekter Harmonie zusammenwirken können.

Parkhauswächter

Parkhausdirigenten bei der aufwändigen Arbeit

Und zu Kyoter Letzt noch ein Foto mit vielen Sachen drauf. Was auf den ersten Blick wie New York von oben ausschaut, ist bei genauem Hinschauen allerdings ein japanischer Friedhof…

japanischer Friedhof

The Big Grabple

Die ehemalige Hauptstadt Nara ist ganz in der Nähe von Kyoto und hat vor allem viele Hirsche und viele Tempel zu bieten. Und viele Schulklassen in den Tempeln, so dass es vor kleinen gelb-, blau- oder rotbehüteten kleinen geschwätzigen Schülern nur so wimmelt.

Hirsch vor Schülern

Die Gelbkappen bringen mich nicht aus der Ruhe…

 

 

Was allerdings weder den sehenswerten riesigen Buddha noch die Hirsche kratzt.

 

 

 

Was wiederum die Figur einer Symbiose aus Großmutter, Rotkäppchen und dem bösen Wolf davon hält, weiß ich nicht…

Rotkäppchen und Co

Die 3in1-Märchenfigur vor dem Tempel