Transsibirische Eisenbahn – Der Schlussspurt

Viel ist nicht passiert auf dieser Fahrt. Joe und ich haben ein Viererabteil fast für uns, mal abgesehen von der lautstarken Störung durch die beiden Chinesen, die für eine Station (also vier Stunden Fahrt) auf chinesischer Seite unser Abteil mit Geruch und Geplapper anreichern. Und das um 1 Uhr morgens…

Es ist schon ein gewaltiger Unterschied zwischen der Landschaft draußen. Eigentlich ist es vor und nach der Grenze die gleiche Landschaft. Nur macht sich der Unterscheid zwischen 85% gegenüber 10% landwirtschaftlich genutzter Fläche sehr deutlich bemerkbar. Während man auf mongolischer Seite nur ewige Weite und keine Spur von Zivilisation sieht (auch Herdenwirtschaft in der Steppe gilt wohl als landwirtschaftliche Nutzung), wurde fast jeder Quadratmeter auf chinesischer Seite planwirtschaftlich strukturiert und bebaut. In der Region um Datong mit einem Kohlekraftwerk an dem anderen. CO2 mäßige Vollkatastrophe – und jede Woche geht in China ein neues Kohlekraftwerk ans Netz. Dementsprechend schwer kommt die Sonne durch. Was für ein Unterschied zur völlig unterentwickelten Mongolei. Nur manchmal sieht man noch sehr ursprüngliche chinesische Regionen, die vom Reichtum der aufstrebendsten Wirtschaftsmacht wohl nie profitieren werden.

Dafür waren die Grenzbeamten erstaunlich freundlich. Auf mongolischer Seite war mehr zu tun. Irgendwie müssen diese ganzen Beamten ja auch beschäftigt werden wie z.B. die Vorhut, die einfach mal in den Pass schaut und weitergeht ohne damit irgendwas zu machen. Vielleicht sollte sie ja eigentlich den von uns pflichtbewusst ausgefüllten Ausreisewisch (Departure Card) einsammeln und hat es einfach vergessen. Oder war auf dem Weg zum Koch vom Speisewagen, der auch nix zu tun hat, weil es von seiner reichhaltigen Karte eh’ nur ein Gericht gibt. Irgendwie ist der Sozialismus doch noch präsent…

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ohne Stempel keine Wahrheit

Richtig lustig sind auch die Kopfkissen. Die sind so extrem hart, weil sich in dem Seidenkissenbezug tatsächlich zusammengerollte Teesäcke befinden. Ich hatte die ganze Zeit gedacht, ich hätte von einer Teeplantage geträumt, aber es waren einfach die Teereste darin, die nicht nur mir den Geist vernebelt hatten. Vielleicht werden deswegen die Einträge im Gästebuch der mongolischen Bahn auch kontrolliert und bei Wohlgefallen durch zwei rote Stempel freigegeben. Denn nicht nur die Chinesen mögen rote Stempel.

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Reifenwechsel beim mongolisch-chinesischen Boxenstopp

Die Grenzformalitäten waren auf mongolischer Seite recht schnell nach 1,5 Stunden beendet, die Chinesen waren noch ein bisschen schneller. Aber insgesamt dauert der Grenzwechsel doch ca. 5 Stunden, da das Fahrwerk ausgewechselt werden muss. Eine extrem aufwändige und ruckelige Sache, bei der man mindestens fünf Mal in jede Richtung verschoben wird, dann in eine Werkhalle kommt, hochgebockt wird, neue Räder druntergeschnallt bekommt und bei jeder Aktion kräftig durchgerüttelt wird, wenn die Rangierlok wieder mit Vollgas gegen den Zug rumpelt. Dabei fängt das in einer – für aus der Wüste kommende Fahrgäste – surrealen Umgebung mit blühendem Flieder, Richard-Claydermann-Geklimper aus dem Bahnhofslautsprecher und konstant still stehenden Uniformierten noch recht geschmeidig an.

Um 1 Uhr nachts geht’s dann endlich weiter – in den Smog. Schon zum Frühstück keimt die Sehnsucht nach der mongolischen Steppe auf.  Allerdings versöhnt die Landschaft nach Datong dann doch. Denn zwischen dort und Peking geben wunderschöne Berglandschaften schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf die Landschaft der Großen Mauer. Und dann fährt man an extrem akkurat angelegten Parklandschaften und unendlichen Trabantenstädten in die knapp 20 Mio. Einwohner Metropole, die unglaublich wuselig, aber auch faszinierend ist.

Mehr dazu demnächst, aber das kann dauern. Denn China blockiert alle Blogseiten, die ich so kenne. Und somit auch diesen hier. Daher habe ich mich länger nicht gemeldet. Durch die VPN-Verbindung hier bei Freunden, gehts dann doch.

Zentralmongolei – archaisches Leben in der Einsamkeit

Galerie

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Hier könnten sich Fuchs und Hase hervorragend gute Nacht sagen – aber leider sind sie wahrscheinlich vom Wolf gefressen worden. So sagen sich eben Schaf und Ziege gute Nacht bevor sie friedlich nebeneinander einschlafen. Überhaupt teilen diese beiden sehr viel … Weiterlesen

Wüste Gobi – ein Wechselbad der Farben

Ich sollte mich als Schamane bewerben. Immer wenn ich in eine Wüste gehe, regnet es dort. Nachdem ich in der Atacama schon den Himmel über der angeblich trockensten Wüste der Welt zum Weinen gebracht hatte, habe ich das nun auch mit der Wüste Gobi geschafft.

Mit zwei holländischen Mädels, zwei wahnsinnig lustigen englischen 19-jährigen und einem Kölschen Jung ging’s für 5 Tage in die Wüste. Leider mit einer Tourführerin, die sich darauf verlegt hatte, wahnsinnig cool zu sein und dafür auf jegliche Ahnung und Planung zu verzichten. Trotzdem wurde es ein cooler Trip.

Nicht zuletzt wegen Oggy, unserem Fahrer, der wahrscheinlich seine ersten 100 Leben als Automechaniker verbracht hatte.

Oggy in Action

Oggy in Action

Das war bei der alten russischen Kiste auch dringend nötig. Es verging kein Tag, an dem nicht irgendwas kaputt ging. Das spannendste waren die letzten 1,5 km schon zurück in Ulan Bator, wo im täglichen Verkehrschaos bei jedem halt der Motor ausging – also alle 5m. Das hatte uns dann eine zusätzliche Stunde Fahrt beschert.

Und das obwohl die Fahrt eh’ schon von extrem viel Fahrerei zu acht in einem kleinen Minibus geprägt war. Der erste Halt war zudem so utopisch weit weg geplant, dass wir nach ca. 10 Stunden anfingen, nach einer Jurte einer Nomadenfamilie Ausschau zu halten. Denn in der Gobi ist es üblich, Reisenden einfach so seine Jurte zur Verfügung zu stellen. Wir landeten bei einer Familie mit einem 1 Monate alten Baby und es ist schon etwas befremdlich, plötzlich einfach so im „Wohn-Schlaf-Ess-und-Kochzimmer“ einer Familie zu sitzen, die Dich dann auch teilweise anstarrt und teilweise so ignoriert, dass die Mutter dem Kind vor allen Fremden die Brust gibt. Glücklicherweise waren die Eltern der beiden gerade in der Stadt und wir konnten zu sechst in deren Jurte übernachten.

Die Nomaden leben heute überwiegend recht modern. Solarpaneele sorgen für Licht,TV und Stereoanlage, Motorräder haben die Pferde beim Hüten der Herde verdrängt und dennoch bleibt viel Ursprüngliches:

Der Mist muss erst trocknen...

Der Mist muss erst trocknen…

... um dann ordentlich einzuheizen

… um dann ordentlich einzuheizen

Geheizt wird zum Beispiel weiterhin mit getrocknetem Kuh-, Schaf und Ziegendung. Auf dem Ofen wird gleichzeitig der gesalzene Milchtee gekocht, den man in jeder Jurte offeriert bekommt.

Die Gobi selbst zeigt sich wahnsinnig wandelbar. Meist steppig, dann erstaunlich grün, dann die größte Sanddüne, dann Bergland wie in den schottischen Highlands, dann plötzlich ein Flüsschen, dann wieder Geröll oder rote und graue Canyons und gelegentlich auch diverse blühende Pflanzen. Man kann stundenlang rausschauen und entspannen. Gelegentlich laufen ein paar Gazellen davon, liegen klischeehaft Unmengen von Schädeln und Knochen im Sand, kommt man in riesige gemischte Schaf-/Ziegenherden oder Kamelhorden und auch zwei Geier auf einem toten Pferd sitzend ziehen an Dir vorbei. Wenn mal ein Dorf kommt, ist es unglaublich trist und leer. Aber die Kinder haben eine Menge Spaß, wenn Fremde vorbei kommen und zeigen alles, was sie so drauf haben: Fahrrad-Stunts, Ringerkünste und Bodenturnen.

heutige und künftige Mitglieder der Biker-Gang

heutige und künftige Mitglieder der Biker-Gang

ein anständiger Mongole wird Ringer

ein anständiger Mongole wird Ringer

Die zweite Nacht war im richtigen Ger (mongolisch für Jurte) und wir hatten sogar ein bisschen Holz für ein Lagerfeuer gesammelt. Herrlich unter diesem gigantischen Sternenhimmel. Am nächsten Tag ging zumindest ich unverkatert aufs Kamel.

ein störrisches Biest

ein störrisches Biest

Ich hatte leider das störrischste Biest von allen erwischt und da war es auch ein bisschen kontraproduktiv, dass mir das kleine Hirtenmadl meine Zügel selbst in de Hand drückte. Irgendwann war ich von der Karawane etwas abgerückt, denn meine Kamelsteuerungskünste schienen etwas rudimentär zu sein. Fortan wurde mein Kamel von Billy aus unserer Gruppe geführt. Das stinkende, verzottelte und dornige Biest gehorchte zwar nur widerwillig, aber wir kamen wenigstens an.

Danach wieder ab ins Auto und ruck zuck wieder liegen geblieben. Diesmal im Sand stecken geblieben und ein Leck in der Benzinleitung. Zum Glück haben diese gewieften Russen ein Auto erfunden, bei dem man frei zwischen zwei Tanks wählen kann, die man sogar während der Fahrt umschalten kann. Natürlich erreichten wir wieder unser Ziel nicht und campten trotz drohenden Regens am Fuße schöner Klippen. Das bot natürlich die Gelegenheit für einen weiteren Panorama-Fels-Stuhlgang.

Die Gobi  war schon mal wunderschön und herrlich einsam. Mal schauen, was die anderen Landesteile zu bieten haben. Übermorgen geht’s los.

Ulan Bator – Chaos und Tradition

Ulaanbaatar ist das reinste Chaos. Überall steht der Verkehr und trotzdem schießen von rechts und links noch Autos in den Verkehr rein. Das verursacht Unfälle und die verursachen noch mehr Stau, denn wie in Russland dürfen die Autos erst wieder bewegt werden, wenn die Polizei da war. Und die kommt natürlich nicht durch. Eine fantastische Spirale in den Kollaps.

mein Papa hat das größte Auto

größer, schneller, weiter

Aber immerhin dürfen an manchen Stellen keine Autos fahren, die höher als 5m (!) sind.

Ulan Bator versucht einen Spagat zwischen dieser Moderne und der Tradition. Immer wieder sieht man zwischen den großen SUVs alte Männer und Frauen in Landestracht. Allerdings hat auch im größten lamaistischen Kloster die Moderne Einzug erhalten. Nach den Gebeten und der Schule sieht man die Mönche fröhlich rauchend mit Frauen reden oder am Handy telefonieren. Und über allem in UB und in der ganzen Mongolei wacht natürlich der gute alte Dschingis.

Dschinggis Khan

Dschinggis Khan

Am 1. Mai hätte ich im ehemals sozialistischen Staat wenigstens ein bisschen Tag der Arbeit vermutet, aber das war gar nicht der Fall. Ein toller Tag um ein bisschen die Stadt zu erkunden und vielleicht die eine oder andere Tour-Agentur oder auch ein anderes Hostel zu suchen. Leider nicht so einfach, denn es gibt nicht viele Straßenschilder und alles ist ein bisschen versteckter. Es ist ein brutaler Mix aus alten sozialistischen Bauten, modernster Hochhaus-Architektur SONY DSCund sogar traditionellen Jurten mitten in der Stadt. Angeblich gibt es auch Millionen von Taschendieben, aber anscheinend keine Hunde. Dafür scheint es in der Mongolei ausschließlich das gleiche Krepp-Klopapier zu geben wie in Sibirien, nur noch dünner und mit respektablen Löchern drin. Es gäbe im Supermarkt im State Departement Store auch anderes zu kaufen, aber das wäre feige. Denn dort gibt es von Edeka Kaffee über Original-Spreewaldgurken bis hin zu Natreen Rote Grütze und einer IKEA-Fusselbürste alles zu kaufen. Und sogar hier ist es ein Preis-Paradies, wenn man gerade aus Russland kommt. Außer die Touren in die interessanten Teile des Landes. Die sind sackteuer.

Einfaches Essen bekommt man schon recht günstig. Und zwar morgens, mittags und abends Hammelsuppe mit Hammelklöschen drin. Alternativ kann man auch Hammelrippchen haben.

koreanisches Essen im Restaurant Mama

koreanisches Essen im Restaurant Mama

Da kommt als Abwechslung ein Berliner und eine Melange im Kaffee Sachers oder ein leckeres koreanisches Menü bei Mama ganz gelegen. Nicht zu vergessen, ein schönes kühles Sengur-Bier dazu.

Nachtrag zum Tag der Arbeit: Hier heißt es wahrscheinlich eher Nacht der Arbeit. Zumindest wurde ich heute Nacht im Hostel von freundlichen Bauarbeitern unterhalten, die zwischen halb eins und drei Uhr in der Nacht die Wohnung nebenan anfingen zu renovieren. Erst hämmern, dann die Wand aufstemmen, ein bisschen Bohren und dann was anschrauben. Deshalb sieht man wahrscheinlich tagsüber an keiner Baustelle auch nur einen Bauarbeiter…

Transsibirische Eisenbahn – es geht auch ruhiger

Dass es auf der Reise drinnen im Zug auch unspektakulärer und draußen spektakulärer werden kann, hat mich sehr erfreut. Auf der Fahrt mit der Transmongolischen Eisenbahn (lustigerweise in dem Wagen, der momentan bestimmt nicht zu seinem angeschriebenen Ziel „Pjöngjang“ fährt)

eine Reise ins Nirgendwo

Moskau nach Pjöngjang

habe ich mir das Abteil mit einer jungen Holländerin und niemandem sonst geteilt. Sie sprach perfekt deutsch UND russisch, was das Leben im Zug deutlich angenehmer macht. Denn später kommen die Grenzkontrollen und die Grenzbeamtinnen sind sehr damit beschäftigt, grimmig zu sein. Da hilft es sehr, wenn jemand die Schaffnerin fragen kann, ob die Kontrolleurinnen beißen oder nicht und ob sie einem irgendwann auch einmal den Pass zurückgeben.

Ohne Pass, ohne Ticket (das verbleibt während der Fahrt bei den Schaffnern) und ohne mein gesamtes Hab und Gut im Rucksack haben wir zu viert versucht, ein kühles Bier im Shop zu ergattern. Ohne Erfolg sind wir dann auf einen Hügel im absoluten Nichts geklettert und haben – hinter uns der Friedhof (ein sehr beschwerlicher letzter Weg bergauf) – den Blick auf das letzte Städtchen Russlands vor der mongolischen Grenze genossen.

hier steppt der russische Bär

hier steppt der russische Bär

Nach insgesamt 3,5 Stunden Grenzabfertigung auf russischer Seite, rollte der Zug ins Niemandsland, wo die mongolische Uniformparade begann. Grenzbeamtinnen in Minirock und hohen Lederstiefeln zur schlecht sitzenden Stewardessinnen-Uniform, grimmig schauende Drogenfahnderinnen im Camouflage-Look, Gesundheitsinspektorinnen im Sculmädchen-Style und die Zollbeamtin im schicken VoPo-Imitat. Die Mongolen waren gnädiger und brauchten nur 1,5 Stunden. So war die Fahrt dann nach nur 26 Stunden in der kältesten Hauptstadt der Welt vorbei. Glücklicherweise begrüßte sie mich anders – mit Sonne und recht warm. Wobei ich es erst einmal vorzog, zu duschen und ein anderes Klo aufzusuchen, als das aus dem chinesischen Zug.

Augen zu und rein damit

Essen im Zug: Anspruch und Wirklichkeit – Augen zu und rein damit

Augen zu und raus damit

Das Gegenteil von essen im Zug: Ob Chinesen wirklich drauf stehen können?
– Augen zu und raus damit

Baikalsee – Superlativ des Süßwassers

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Diese Galerie enthält 7 Fotos.

Eine Busfahrt zum Baikalsee lohnt sich, wenn  man sie aufgrund der Rennfahrer-Qualitäten der Fahrer überlebt. Ca. 1,5 Stunden mit dem Minibus dahin und zurück meinte der Busfahrer des größeren Busses er sei Niki Lauda. Da war’s nur noch gut eine … Weiterlesen

Irkutsk – Die Perle Sibiriens

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Diese Galerie enthält 9 Fotos.

Irkutsk – für viele nur vom Spiel Risiko bekannt – ist eine selbst für Russland-Freunde unbekannte, arme, kleine Schwester von St. Petersburg und Moskau. Auch wenn es die Perle Sibiriens genannt wird. Und man merkt sogar, dass man schon lange … Weiterlesen