Natürlich soll es auch für dieses Land eine Rubrik „Reisen im Land“ geben. Allerdings ist es etwas einseitig, da ich einen Japan Rail Pass hatte, mit dem man quer durch’s Land und zum Teil auch übers Wasser düsen kann. Im Zug verbeugt sich der Schaffner jedes Mal beim Betreten und Verlassen des Waggons. „Alter Hut, kennen wir doch schon aus Südkorea“ mag jetzt manch einer sagen. Hier ist es allerdings noch eine Spur devoter und manchmal schwingen sie auch lange Dankesreden dabei.
Nicht „Alter Hut“ sondern schicken Hut und Kappe gibt es auch manchmal. So kommt es in manchen Zügen vor, dass sich die Hostessen nicht nur als Nummerngirl betätigen (s. Eintrag „Japan – ein Land mit guten und schlechten Erfindungen“), sondern sie kommen auch mit einem Körbchen mit Hut für die Dame bzw. Schaffnermütze für den Herrn vorbei. Das setzt man dann auf, nimmt das Erinnerungsschild mit dem jeweiligen Datum in die Hand und grinst freundlich für sein Erinnerungsfoto, das das Zugpersonal dann von jedem Gast macht, der das möchte.
Das passiert natürlich nicht im schnellsten Zug der Welt – dem Shinkansen. Der heißt nicht zu Unrecht Bullet-Train und da würden die Schaffner gar nicht nachkommen mit dem Fotografieren. Und hätten wahrscheinlich nachher auch wunde Finger. Denn zum einen sind die meisten Züge 16 Waggons lang und zudem fahren sie auf der Hauptstrecke auch alle paar Minuten. Die haben eine höhere Frequenz als die Hamburger U-Bahn – und immer pünktlich! Man stelle sich mal das Chaos bei den ICEs der Deutschen Bahn vor – speziell in heißen Sommern oder völlig überraschend kommenden Wintern…
Es gibt aber auch langsame Züge, die manchmal als Comic-Züge hergerichtet, manchmal aber auch zu Sightseeing-Zügen umgerüstet sind.
Letztere machen einen auf Oldtimer und fahren auf der ganz normalen Strecke, halten nur nicht an allen Punkten. Da man die Zeit zum normalen Zug dann ausgleichen muss, hält er eben an manchen Stationen länger und die Schaffnerin macht ein Gruppenfoto nach dem anderen mit dem Zug und dem Fujiyama im Hintergrund – wobei letzterer wegen Nebels hinzugedacht werden muss. Aber die Fotos werden trotzdem ausführlich mit fröhlichem Victory-Zeichen in allen Lagen gemacht.
Sehr dienstbeflissen ist man auch im Taxi. In den meisten Städten haben die Fahrer eine schicke Chauffeursmütze zum weißen Hemd mit Krawatte. Wenn Joschka Fischer das gehabt hätte, wäre er vielleicht früher Außenminister geworden. Vielleicht bettete aber auch er wie die japanischen Fahrer sein Haupt auf von der Oma selbstgeklöppelte weiße Spitzenbezüge, die in japanischen Taxen vorherrschen. Passend dazu stehen sie oft draußen mit einem Staubwedel und befreien ihr treues Gefährt von lästigem Staub.
Eine schweißtreibende Taxiart ist dagegen die traditionelle Laufrikscha. Diese armen drahtigen Kerle müssen manchmal ganz ordentliche Kaliber im Doppelpack ziehen oder bergab bremsen, was noch schwieriger zu sein scheint. Sie machen das mit einer Spezial-Sandale, wo der große Zeh in einem anderen Teil steckt als der Rest und die eine extrem dünne Sohle hat. Damit spüren sie jede Unebenheit der Fahrbahn – weswegen in Japan auch Blinde damit rumrennen. Da es keinen Müll, Hundedreck oder Scherben auf Japans Straßen gibt, ist das durchaus auch machbar.
Auch für nicht-blinde Fußgänger ist eigentlich bestens gesorgt. Bei den Ampeln weisen verschiedene Zwitschertöne auf die Laufrichtung Ost-West (Nachtigall) oder Nord-Süd (Kuckuck) hin, damit man nicht verloren gehen kann. Das „eigentlich bestens gesorgt“ bezieht sich auf die Gefahr durch eine komplette Fahrrad-Anarchie. Denn hier kennen die sonst so disziplinierten Japaner keine Hemmungen mehr. Vollgas über den Bürgersteig – egal wie breit der ist. Fußgänger springen schon zur Seite… Vielleicht schieben sie daher ihre Hunde auch lieber in Buggies durch die Gegend…?
Sogar für das öffentliche Klo haben sie einen Lageplan mit Blindenschrift, damit sich da drin keiner verlaufen kann. Was bei einem solch kleinen Klo eh‘ schwierig ist.
Zum Schluss noch ein Tipp für Neu-Japan-Reisende: In Bussen und Straßenbahnen steigt man hinten ein, zieht ein Ticket und zahlt das dann später vorne beim Fahrer, wenn man wieder aussteigt.