Seoraksan ist einer der bekanntesten Nationalparks Südkoreas und wie es scheint, kommen die Leute nicht nur wie ich in 15 Minuten mit dem Stadtbus aus dem Küstenstädtchen Sokcho hierher, sondern mit den unglaublich vielen Touristenbussen aus dem ganzen Land. Der Bus- und der Autoparkplatz waren zumindest prall gefüllt, als ich wieder gen Hafen fuhr.
Wenn man in Südkorea wandern geht, ist das eine ernstzunehmende und generalstabsmäßig zu planende Aktion – wenn man es richtig machen möchte. Wenn der Südkoreaner auf den Berg geht, hat er…
– … seelischen Beistand
– … eine Menge Bekannte dabei
– … und eine Ausrüstung, die ihn auch für den Mt. Everest qualifizieren könnte.
Damit behindern sie sich dann leider auf dem Weg nach oben mehr, als dass sie die Wanderstöcke auf den nahezu ausschließlich künstlich angelegten Wegen und Treppen gebrauchen könnten.
Der Weg – obwohl es auf einen wirklich respektablen Felsen raufgeht – ist so naturnah wie die Brüste von Dolly Buster. Man könnte ihn sogar in Flip-Flops hochlaufen.
Leider mag der Koreaner sein Samsung auch recht gerne und so penetriert ca. jeder zwanzigste Wanderer – was bei diesen Pilgermassen sehr schnell erreicht ist – die herrliche alpine Ruhe mit entweder den Berichten an die Daheimgebliebenen oder noch lieber mit Musik aus den Lautsprechern. Zum Gipfel hin wird es dann noch etwas lauter. Denn oben steht ein Mann, der mit diesen ganzen Smartphones alle glücklichen Gipfelbezwinger vor der koreanischen Fahne ablichtet und mit Kampfgebrüll zu einer martialischen Pose auffordert.
Oben auf dem Berg kann man auch eine Medaille kaufen, um zu beweisen und zu ehren, dass man oben war. Komischerweise trinkt aber niemand einen Gipfelschnaps, obwohl es den auf einem Drittel der Strecke in Literflaschen zu kaufen gibt. Sonst gibt es den Soju eigentlich nur in 0,33l Flaschen, aber hier ist man ja auch in größeren Gruppen unterwegs. Glücklicherweise sieht man nirgendwo die Folgen dieses Soju-Konsums wie in Seoul. Auf einem Viertel der Strecke kann man übrigens noch schnell ein wenig Schmuck kaufen. Ob das Geschäft angesichts der oben beschriebenen Profiausrüstungs-Vorliebe allerdings gut läuft, wage ich zu bezweifeln.
Auf jeden Fall war ich froh, nachher wieder am Hafenbecken von Daepohang neben Sokcho zu sitzen und in völliger Stille meinen gefüllten Tintenfisch zu verspeisen.